Marlies Fischers Reisenotizen

Die AIDAmar am Kai im HafenDie AIDAmar am Kai in Lissabon Foto: Marlies Fischer

Schiff Ahoi: Unterwegs auf der AIDAmar.

Wenn Manuel Pannzek zum Dienst will, hat er einen ziemlich langen Arbeitsweg. Der Mann ist Kapitän auf dem Kreuzfahrtschiff AIDAmar, derzeit unterwegs von Hamburg in die Karibik und zurück. An Bord gegangen ist der Nautiker auf Teneriffa, angereist ist er aus Australien. Denn dort an der Westküste lebt Pannzek mit seiner Frau und den gemeinsamen beiden Töchtern.

Fernweh verspürte der heute 47-Jährige schon als Kind. „Ich bin in der Region Hannover aufgewachsen, war aber häufig mit meinen Großeltern in Cuxhaven und habe dort an der Kugelbake die großen Schiffe beobachtet“, erzählt der Seefahrer. Im Erdkunde-Unterricht in der siebten Klasse kam Australien dran, und da wollte Pannzek hin. „Ich bin ins Reisebüro gegangen und habe mich erkundigt, was ein Flug nach Australien kostet.“ 5300 D-Mark – ein sehr hoher Betrag für einen Siebtklässler. „Außerdem wollte ich gern nach Südamerika und Afrika und musste dann angesichts meiner finanziellen Möglichkeiten erkennen, dass das nur in Verbindung mit einem Beruf geht. Und da lag die Seefahrt sehr nahe.“

Nach dem Abitur wanderte Pannzek nach Australien aus, studierte dort BWL sowie Nautik und machte eine Ausbildung zum Wirtschaftsingenieur. „Auf dem Weg ins Büro in Brisbane habe ich immer die Schiffe im Hafen gesehen und mich geärgert, dass ich an Land gearbeitet habe.“ Anfang der 2000er besuchte er seine Schwester in Rostock, die eine „Kreuzfahrtreederei um die Ecke“ erwähnte.

Pannzek bewarb sich dort und begann 2003 seine Laufbahn bei Aida, fuhr auf mehreren Schiffen, kletterte auf den verschiedenen Offiziersrängen die nautische Leiter hoch und trägt seit 2016 die Uniform mit den vier Streifen.

Als wichtigster Mann an Bord hat der Kapitän die Verantwortung für das Schiff, die Passagiere und die Besatzung. „Aber natürlich berate ich mich bei schwierigen Entscheidungen mit meinen Offizieren an Bord und mit der Reederei an Land.“ Zum Beispiel, wenn aufgrund eines Sturms oder eines medizinischen Notfalls die Reiseroute geändert werden muss und ein Hafen verspätet oder gar nicht angelaufen werden kann. „Das erkläre ich dann den Passagieren, denn die Sicherheit für Leib und Leben und das Schiff gehen immer vor.“

Routenplanung, Navigation, Wetterdaten bewerten, einen Hafen anlaufen und wieder verlassen, ab- und ablegen sind die seemännischen Aufgaben von Manuel Pannzek. „Aber die machen wohl nur 15 Prozent meiner Tätigkeit aus“, bilanziert der Kapitän. „Ich vergleiche die Schiffsführung mit der Leitung eines mittelständischen Unternehmens.“ Emails und Berichte schreiben, Kontakt zu Behörden, Besprechungen mit den Offizieren und der Reederei an Land, Begegnungen mit den Gästen und der Mannschaft gehören zu seinen Aufgaben. „Ich mache regelmäßig Rundgänge auf den Decks und treffe dort Passagiere. Und ich esse meist in der Crew-Messe, habe dort Kontakt zur Besatzung.“

In den gut 20 Jahren auf den Schiffen der Kussmund-Flotte hat Pannzek viel von der Welt gesehen. „Alle Fahrtgebiete sind schön. Aber im Sommer ist die Ostsee faszinierend, lange Tage und helle Nächte. Und ich liebe die vierstündige Einfahrt durch den Schärengarten nach Stockholm.“

Nach zwei Monaten Schiffsführung folgt in der Regel ein ebenso langer Urlaub. „Die Familie und ich freuen uns aufeinander, aber es ist auch immer eine Umstellung für alle.“ Und dann besteigt Manuel Pannzek nach rund acht Wochen wieder ein Flugzeug an der Westküste Australiens und reist zum nächsten Aida-Schiff in irgendeinem Hafen. Nach dem Urlaub ist vor der Kreuzfahrt.

Die Restaurantleiterin Janina Kruse

Janina Kruse verdankt die Aida-Karriere ihrer Mutter. „Nach der mittleren Reife habe ich im Strandhotel in Glücksburg gelernt und anschließend ein Jahr dort gearbeitet“, erzählt die Frau aus Fockbek bei Rendsburg. „Und dann wollte ich mit 21 heiraten und zuhause eine Familie gründen. Aber meine Mutter hat mir ins Gewissen geredet, dass ich etwas aus meinem Leben machen soll.“ Jobs in den alpinen Skigebieten wollte Janina nicht und bewarb sich bei der Reederei in Rostock. „Und das habe ich bis heute nicht bereut“, sagt die 31-Jährige.

Seit zehn Jahren fährt sie jetzt schon zur See, hat bis auf Südafrika und Australien alle Ziele der Kussmund-Schiffe bereist. Vier bis sechs Monate ist sie an Bord, dann gibt es zwei Monate Urlaub. Auf der Aida Mar leitet sie das Gourmet-Restaurant Rossini, wo die Gäste gegen Aufpreis mehrgängige Menüs serviert bekommen. „Das Team und ich machen den Abend zu etwas ganz Besonderem“, sagt die Hotel-Fachfrau, die die Passagiere mit viel gastronomischer Expertise berät.

Außerdem ist sie noch als rechte Hand des F&B Managers (Food and Beverage  = Lebensmittel und Getränke) tätig. „Ich weiß genau, was gerne gegessen und getrunken wird.“ Ananas, Eier, Nudeln, Reis und natürlich Salz dürfen auf einer Seereise nicht ausgehen. Und bei den Getränken liegen bei den mehrheitlich deutschen Gästen auf einem Schiff Wein und Bier sowie Aperol Spritz und Gin Tonic ganz vorne. „Außerdem je nach Temperaturen die Cocktails Pina Colada und Sex on the Beach.“

Ab Ende Juli ist Janina Kruse auf der Aida Stella in Asien unterwegs. Vorher aber will sie ihren gleichaltrigen Verlobten Anthony, einen sehr charmanten Kellner in verschiedenen Bars auf der Aida Mar, in seiner Heimat Bali heiraten. „Wir waren während der Pandemie zusammen auf der Aida Blue an Bord, lagen vier Monate vor La Spezia in Italien vor Anker. Da lernt man sich gut kennen.“ Seitdem stimmen die beiden ihre Verträge für ein Schiff und Dienstpläne während der Reise miteinander ab und teilen sich eine Kabine.

Gibt es auch Pläne für ein Leben an Land? „Nach zehn Jahren Kreuzfahrt überlegt man schon“, sagt die junge Frau. „Aber Anthony und ich sehen auch gerne etwas von der Welt, lieben Strände und Sonnenuntergänge in der Karibik oder den Stadtbummel in Lissabon. Wir werden sehen.“ Dieses Mal ist Janinas Mutter übrigens mit den Hochzeitsplänen einverstanden.

Der Entertainment Manager Benny Güttler

Benny Güttler
Benny Güttler Entertainment Manager auf der AIDAmar Foto: AIDA Cruises

„Vor Inbetriebnahme des Mundwerks Gehirn einschalten!“ Diesen Appell seines Lehrers in der Mittelstufe in Germering bei München hat Benny Güttler nie vergessen. Heute ist der gebürtige Bayer Entertainment Manager auf der Aida Mar. Eine flinke Zunge, Witz und Schlagfertigkeit sind da jeden Tag unabdingbar.

Ebenso wie Schauspieltalent, eine passable Gesangsstimme, Musikalität und die Lust, sich selbst auf den Arm zu nehmen. Ob mit falschem Busen und blonder Perücke an der Saloon Bar in der Western-Show, im Karnevals-Outfit bei der Büttenrede am Rosenmontag, als Hein im Ringel-Dress in der Schiffs-Haifischbar oder als Aushilfs-Schlagzeuger in der Band – Benny ist mit Leib und Seele dabei, die personifizierte Spielfreude.

Vor zehn Jahren heuerte der gelernte Hotelfachmann bei der Rostocker Reederei an, arbeitete in verschiedenen Positionen an der Rezeption und managt seit 2019 den Unterhaltungs-Bereich auf dem jeweiligen Kussmund-Schiff. Vom Basteln im Kinderclub über Rätselraten und Spiele am Pool, Skatnachmittag in der Bar bis hin zum Tanzkursus für Fortgeschrittene oder Karaoke, Freiluft-Disco oder intime Baratmosphäre mit Pianobegleitung – alles geht über den Tisch des 30-Jährigen.

Nicht zu vergessen die abendliche 30-Minuten-Talkrunde „PrimeTime“, bei der Güttler den Kapitän, wichtige Crewmitglieder oder Gäste im Theatrium interviewt. Oder die Präsentation von Shows, für die Aida eine Lizenz hat wie zum Beispiel „Wer wird Millionär“. Und natürlich die Moderation der Shows mit Musikerinnen und Musikern, Sängerinnen und Sängern, Tänzerinnen und Tänzern aus dem Ensemble der Aida Stars sowie Gastkünstlerinnen und -künstlern, die für besondere Auftritte an Bord kommen. Für rund 70 Menschen aus dem Unterhaltungsbereich ist der Manager der Chef.

Dabei kann „der Benny“, wie ihn alle an Bord nennen, natürlich eigene Ideen einbringen, denn er beobachtet die Stimmung auf dem Schiff am besten. „Sind wir im Süden oder in kälteren Gegenden unterwegs, haben wir viele Seetage, sind viele Kinder und Jugendliche an Bord? Darauf stimmen wir unser Angebot auch spontan ab, wenn es notwendig ist”, sagt er. Ansonsten werden alle Programme für die Aida-Schiffe im Reederei-eigenen Entertainment Haus in der Simon-von-Utrecht-Straße auf St. Pauli konzipiert und geprobt. Dort werden die Künstlerinnen und Künstler gecastet, Kostüme genäht und Kulissen gebaut.

Absprachen mit Hamburg und Rostock, Meetings mit den Chefs der anderen Abteilungen an Bord, E-Mails schreiben und lesen sowie Papierkram im Büro gehören genauso zum Alltag wie die regelmäßigen Durchsagen gegen 9.30 Uhr und 18.30 Uhr mit Informationen über das tägliche Unterhaltungsprogramm.

Und natürlich Rundgänge über die Decks. „Die Gäste erzählen mir viel aus ihrem Leben“, wundert sich Benny manchmal. Aber er ist nahbar und lustig, hört zu, macht Späße und lässt sich bereitwillig fotografieren. Bei besonderen Aktionen am Pool zapft er Bier, mixt Cocktails oder serviert gegrillte Leckereien.

Derzeit macht Güttler Urlaub in Bayern. Partnerin, Hund, Familie und Freunde statt Menschen an Bord, Entspannung und Bergwandern statt nonstop auf Sendung. „Der private Benny zuhause ist viel ruhiger.“ Dauerhaft an Land bleiben? „Das kann ich mir nicht vorstellen. In einem Job zum Beispiel im Hotel würde mir fehlen, auf der Bühne zu stehen und mitzumachen. Und ich habe noch Fernweh.“

Seine Freundin habe von Anfang an gewusst, worauf sie sich mit ihm einlasse, schiebt Benny schnell hinterher. „Und manchmal kommt sie ja auch mit.“ Anfang Mai geht er wieder an Bord, unterhält die Passagiere im besten Sinne. Und denkt an den Appell seines Lehrers.

von Marlies Fischer