Wenn man hört, dass ein Unternehmen, was äußerst selten ist, 175 Jahre alt wird, dann denkt man an Kontinuität, Stabilität und langjährigen wirtschaftlichen Erfolg. Alles diese drei Faktoren gab es bei der Hamburger Reederei Hapag-Lloyd AG, allerdings gleicht die Geschichte einer Achterbahn. Den stets hat die Politik und Zeigeschichte großen Einfluss auf den Geschäftsbetrieb gehabt. Die Reederei wurde de facto dreimal gegründet bzw. nach zwei verloren Weltkriegen komplett neu aufgebaut. Zwischenzeitlich war die Hamburger Reederei durchaus die größte der Welt.
Heute, wenn im Mai das 175-jährige Jubiläum gefeiert wird, gehört die Hapag-Lloyd AG mit einer Flotte von 250 Containerschiffen, einem jährlichen Transportvolumen von zwölf Millionen TEU und über 13.000 Mitarbeitern in 129 Ländern zu den weltweit führenden Linienreedereien. Ab dem 31. Mai 2022
präsentiert das Internationale Maritime Museum in der Speicherstadt die Highlights aus der Geschichte dieser Hamburger Traditions-Reederei in einer Sonderstellung.
Der Besucher geht im internationalen Maritimen Museum auf eine Zeitreise
Die Besucher werden zu einer spannenden Reise durch 175 Jahre Reedereigeschichte ein. Diese beginnt am 27. Mai 1847 mit der Gründung der „Hamburg-Amerikanischen Packetfahrt-Actien-Gesellschaft“ (Hapag) durch Hamburger Geschäftsleute und Reeder unter dem Vorsitz von Adolph Godeffroy. Die Postbeförderung (Paketfahrt) und die Passage von Auswanderern waren viele Jahre die wichtigsten Einnahmequellen.
Für diesen Abschnitt der Passagierschifffahrt steht das prachtvolle Dampfschiff „Hammonia“. Am 1. Juni 1857 startete es zu regelmäßigen Fahrten von Hamburg direkt nach New York. Neben dem Schiffsmodell, umrahmt von zeitgenössischen Koffern und Postpaketen, präsentiert die Ausstellung auch die damals gültigen Auswandererregeln.
Die Jahre des Aufbaus
Der Teil „Mein Feld ist die Welt“ beschreibt die erfolgreiche Ära des legendären Albert Ballin in den Jahren 1893 bis 1918. Während seiner Zeit als Generaldirektor festigte die Hapag ihre Position als größte Reederei der Welt. Mit dem Passagierdampfer „Imperator“ besaß die Hapag 1913 das größte Schiff der Welt.
Auch dramatische Ereignisse der Hapag-Geschichte beschreibt die Ausstellung. Ende März 1899 sprach die ganze Welt mit großem Respekt vom Hamburger Kapitän Gustav Schmidt. Er hatte die schon als gesunken geltende “Bulgaria” trotz schwerster Schäden durch einen Orkan nach Hamburg zurückgebracht.
Von 1914 mit dem Ausbruchs des ersten Weltkrieges begannen die „Schwierigen Zeiten“, die bis 1945 andauerten sollte. Die Hapag verlor die gesamte Flotte. Im Zuge der Revolutionswirren verstarb mit Albert Ballin der Kopf der Hapag. Allerdings, dem Quereinsteiger Wilhelm Cuno gelang es, die Hapag wieder auf Erfolgskurs zu bringen.
Die Irrfahrt der St. Louis
Doch nicht nur die Wirtschaftskrise 1929 und damit verbunden der Zusammenbruch des Passagier- und Frachtschiffsverkehrs setzte der Reederei zu. Beeindruckend sind die Dokumente und Objekte aus dem Nachlass des Kapitäns Gustav Schröder. 1939 führte er das Kommando des Passagierschiffes „St. Louis“ der Hapag, dessen Irrfahrt mit mehr als 900 jüdischen Emigranten an Bord kurz vor dem Zweiten Weltkrieg die Welt in Atem hielt.
Als 1945 der zweite Weltkrieg beendet war, waren nicht nur viele Hapag Schiffe versenkt worden. Wieder gingen alle verbliebenen Schiffe verloren und dazu war die Infrastruktur der Reederei zu einem großen Teil im alliierten Bombenkrieg zerstört worden.
Einen „Neubeginn und Kontinuität“ brachten die Jahre 1945 bis 1969. Der Wiederaufbau des Liniennetzes gelang nur gemeinsam mit dem Norddeutschen Lloyd aus Bremen. Der erste Neubau nach dem Zweiten Weltkrieg war das Motorschiff „Hamburg“, das 1950 bei den Howaldtswerken gebaut wurde und Westindien bediente. Hiervon gibt es Zeichnungen und Fotos. Ebenfalls für den Westindienverkehr wurde die „Frankfurt“ 1967 in Dienst gestellt. Ein Modell zeigt eindrucksvoll das Schwergutladegeschirr des Schiffes.
Ende der 1960er veränderte dann der Containerverkehr die Spielregeln in der Seeschifffahrt. Fast neue Schiffe wurden fast schlagartig unwirtschaftlich und waren veraltet. Der Neubau von Containerschiffen erforderte hohe zusätzliche Investitionen. Das konnten die Konkurrenten Hapag und Norddeutscher-Lloyd nicht mehr allein schaffen. 1970 fusionierten sie zur Hapag-Lloyd AG. Heute die Hapag-Lloyd so international wie noch nie.
Die Hapag und der Tourismus
Die schöne glamouröse Schwester der Frachtschiffe war immer die Passagierschifffahrt. So hat Albert Ballin die Kreuzfahrt erfunden. In der Vorkriegszeit war die Bäder- und Vergnügungsschifffahrt ein Standbein der Reederei.
Während der Wintermonate, in denen die Passagierschiffe auf dem rauen Nordatlantik nicht ausgelastet waren, schickte Albert Ballin sie mit betuchten Reisenden ins Mittelmeer. Im Januar 1891 stach die „Augusta Victoria“ von Cuxhaven aus zu einer zweimonatigen reinen Vergnügungsreise zum ersten Mal in See. Der Zeichner Christian Wilhelm Allers, damals mit an Bord, veröffentlichte eine Bildmappe mit „Erinnerungen an die Reise der „Augusta Victoria“ in den Orient“. Seine Skizzen sowie die Gästeliste dieser Fahrt sind Teil der Sonderausstellung. Das Kreuzfahrtgeschäft wird heute von Hapag-Lloyd Cruises, einer 100%igen TUI-Tochter betrieben.
Aktuell zur Ausstellung ist im Koehler Verlag das Buch „175 Jahre Hapag-Lloyd – 175 Years of Hapag-Lloyd 1847–2022: Vom Auswandererschiff zum Megacarrier – From emigrant ship to megacarrier“ erschienen. 388 Seiten, Deutsch/Englisch. Gebundene Ausgabe. 49,95 Euro.