Die HafenCity wächst von Westen nach Osten und Baukräne, der kalkige Geruch nach frischem Beton werden das Elbbrückenquartier, das am Anfang der Bauentwicklung steht, noch einige Zeit prägen. Was aber das Quartier über Jahrzehnte prägen wird, sind die jetzigen Ambitionen der Planer, Behörden, der Investoren und der Mieter. Sie bauen ungewöhnliche Gebäude, nicht immer mit einer spektakulären modernistischen Architektur mit vordergründigen Wow-Effekten, eine Berliner Spezialität, sondern mit ebenso durchdachten wie ungewöhnlichen Lösungen im Detail und hoher Nachhaltigkeit.
Auf dem sogenannten Baufeld 101 an der Versmannstraße/Ecke Lieselotte von Rantzau-Platz entsteht ein ungewöhnliche Bürohaus in das der weltführend Waggonvermieter VTG, ein bedeutendes Infrastrukturunternehmen, das Schienenlogistik und Waggonvermietung (Schwerpunkt Kesselwagen) anbietet. Hier kreuzen sich zwei Welten, ein Unternehmen mit einem ebenso wichtigen, wie auch bodenständigen, Geschäft zieht in ein neues Bürohaus, dass ‘New Home‘ heißen wird. Haben Büros in der von Corona geprägten Zeit, mit Remote Arbeiten und viel Home Office, überhaupt eine Zukunft? Die VTG, der Hamburger Bauherr DC Developments, das Münchner steidle architekten Büro und letztlich auch die Banken und Finanzinvestoren, die das 180 Millionen Euro Projekt finanzieren, glauben das.
“New Home“, neues Heim, heißt das Bürogebäude. Ein Bürohaus und in dem nur , das sich Heim nennt Für den Münchner Architekten Johann Spengler vom Büro steidle Architekten ist das kein Widerspruch:
“Wir sind alle im Homeoffice gewesen. Wir haben unsere Wohnungen zum Büro gemacht. Wir glauben aber, wenn wir alle zurückkommen, dass man das auch umdrehen kann, dass wir Aspekte des Wohnens ins Büro tragen.”
Johann Spengler, steidle architekten
Die nächsten hundert Jahre in der Perspektive
Von Beginn an war ein Team von der VTG am Entwicklungs- und Planungsprozess beteiligt. Das hat sich gerade zu den Hochzeiten der Pandemie ausgezahlt, denn die Anforderungen haben sich dadurch dynamisch verändert.
„Wir haben den Anspruch, einen Arbeitsort zu schaffen, mit dem sich die Mitarbeitenden identifizieren. Gleichermaßen übernehmen wir als Projektentwickler Verantwortung: Für eine nachhaltige Gestaltung der Stadt liegt der Fokus auf der Wiederverwendbarkeit – von Herstellung über Betrieb bis Drittverwendung. Gebäude müssen anpassbar konzipiert sein, um auch in 100 Jahren noch genutzt werden zu wollen – dafür braucht es Flexibilitätsgrade, die über die Erstverwendung hinausgehen. Das schaffen wir hier.“
Lothar Schubert, geschäftsführender Gesellschafter von DC Developments
Das Baufeld 101 bildet den westlichen Auftakt zum neuen Elbbrücken Quartier. Für die Hamburger Stadtplanung ein wichtiger Aspekt. Der Entwurf betont die besondere Lage und legt Wert auf interessante und attraktive öffentliche Nutzungen. Es wird also nicht ein x-beliebiges Bürogebäude einfach so auf ein Grundstück gesetzt und gut ist. Dabei fügt es sich durch seinen Baukörper und der Höheentwicklung in das neue Ensemble ein. In der Nachbarschaft wird z.B. Deutschland höchstes Holzhochhaus gebaut. Zusätzlich gibt das New Home dem Lieselotte von Rantzau-Platz ein Gesicht.
Keine Vorstandetage mehr, dafür Arbeitsplätze im grünen Innenhof
Was es nicht geben wird ist eine nobel abgeschottete Vorstandetage. Die Vorstände werden inmitten ihre Teams und Bereiche sitzen. Das Raumkonzept selbst ist ganz flexibel. Zukünftig wird in einem flexiblen Mix aus Home Office, Remote Arbeit und Büro, das zum Officehome wird, gearbeitet werden. So ist nicht nur das Raumkonzept variabel. Es wird viele Co-Workingzonen und Begegnungsorte geben. Ein Ausdruck davon sind gut belichtete großzügige Erschließungswege im Haus und der 400 m² große intensiv begrünte Innenhof mit vielen Pflanzen. Wenn er überdacht wird, dann wäre rund neun Monate geeignet hier mobil zu arbeiten. Eine tolle Perspektive. Für die Bewässerung wird das anfallende Regenwasser genutzt.
Durchdachte Nachhaltigkeit
Ein Planungsschwerpunkt war die Nachhaltigkeit. Die wird nicht nur beim Bau realisiert. Den größten Nachhaltigkeitseffekt erzielt man durch eine lange Nutzungszeit, Nachrüstungsmöglichkeiten und Flexibilität. Das Haus ist so konstruiert, dass Büroflächen schnell angepasst werden können oder schnell mit geringem Aufwand in Wohnflächen schnell umgewandelt werden können. Denn, wie in 20 oder 40 Jahren einmal die Nutzung aussehen wird, kann heute kein Mensch seriös prognostizieren. Simpel gesagt, der Umbau und selbst der Abriss ist eingeplant. So etwas wurde bis vor wenigen Jahren sehr selten praktiziert.
Stolz ist man auch darauf, dass für die Fassadenklinker aus Abrisshäusern recycelt werden. Das macht optisch auch etwas her, denn dadurch wird die Fassade lebhafter. Ansonsten ist das nichts Neues, früher war es üblich Baumaterialen wiederzuverwenden. Als der Hamburger Dom abgerissen wurde, wurden die Steine wieder in Hamburger Bürgerhäusern verbaut.
Auch sonst wurde sparsam und leicht gebaut. Jeder Baustoff hat sein eigene Öko- und Energieprofil. Das ist eine komplexe Planung und macht einen Bau auch nicht unbedingt billiger. Natürlich ist die Klimatisierungstechnik State of the Art. Zum Heizen wird die Abwärme der Arubis Kupferöfen genutzt. Das Dach ist nicht nur begrünt, sondern auch wo es geht auch mit Photovoltaik bestückt.
Ganz wie es sich der Senat wünscht, gibt es für Autos nur wenige Stellplätze (70 in der Tiefgarage). Von 600 VTG Mitarbeitern, die hier einmal einziehen, wird dann nicht einmal jeder zehnte einen Tiefgaragen Stellplatz bekommen. Fünf Car Sharing Plätze sind vorgesehen. Dafür gibt es 215 Fahrradstellplätze. Bis zur U- und S-Bahnstation Elbbrücken sind sieben Minuten Fußweg.
Inbetriebnahme für 2026 geplant
Gebaut wird mit einem ambitionierten Zeitplan. Los geht es im Januar 2023. Drei Jahre später, zieht dann die VTG ein. Für die restlichen Flächen (rund 250 Mitarbeiter) muss DC Development noch Mieter finden.
Im Jahr 2026 sollen 850 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in das Bürogebäude ziehen, 600 davon von der VTG. Mit 18.000 Quadratmetern Fläche zählt das “New Home” zu den großen Bürobauten der HafenCity am Baakenhafen.
Das Baufeld 101 in Zahlen
Grundstücksgröße 3.150 m², Höhe des Turms 57 Meter, Baufläche 21.000 m², Nutzfläche 18.000 m² – davon 11.500 m² VTG, 5.650 m² Büros, 850 m² Gastronomie, Einzelhandel, der begrünte Innenhof ist 400 m² groß.