Das Hamburger Münzviertel erwacht aus seinem Dornröschen-Schlaf und wird attraktiv. Allerdings, idyllisch ist das Quartier nicht.
Das Münzviertel war jahrzehntelang eher ein No Go Wohnquartier als ein begehrtes Viertel. Zum Glück hat es größtenteils die anglo-amerikanischen Bombennangriffe, obwohl direkt am Hauptbahnhof gelegen, überstanden. In der Nachkriegszeit, besonders noch in der Zeit der Dampfloks, war es als Quartier wenig begehrt, denn die Rußbelastung durch den Bahnverkehr war damals enorm.
Das Münzviertel liegt das eingezwängt zwischen den Gleisanlagen und Viadukten, die nach Süden und Osten führen, des Hamburger Hauptbahnhofs. Die dreispurige sehr frequentierte Spaldingstraße (Einbahnstraße Richtung Innenstadt) sperrt das Viertel gegenüber der City Süd und Hammerbrook. Verstärkt wird diese Sperre noch durch die parallel südlich verlaufende Nordkanalstraße, die ebenfalls dreispurig den Verkehr stadtauswärts führt. Zum Hauptbahnhof sind es nur wenige hundert Meter Entfernung. Die Quartiersränder sind laut.
Das Münzviertel kann dem Roten Hamburg zugerechnet werden, ist also kein bürgerliches Wohnviertel. Das Quartier hat in Deutschland die höchste Dichte von sozialen Einrichtungen. Auf gut 1.400 Bewohner kommen 14 soziale Einrichtungen, die sich u.a. um Obdachlose, Drogenabhängige, Flüchtlinge und Menschen mit Behinderungen kümmern.
Doch das Viertel hat auch die höchste Dichte an sozialen Einrichtungen in Deutschland. Auf rund 1.200 Bewohner kommen 14 Einrichtungen, die sich beispielsweise um Obdachlose, Menschen mit Behinderung und um Flüchtlinge kümmern.
Essen & Trinken
Kulinarisch gleicht das Münzviertel einer eher kargen Steppe. Wer einmal afrikanische Küche aus Ghana probieren möchte, dem sei das Afrikanische Bistro (Ecke Spaldingstraße/Repsoldstraße) empfohlen. Hier geht es rustikal und preiswert zu. Iloh (die Bar am Ende der Welt) ist der Treff im Quartier. Lässige Atmosphäre, gute Shoots, Kickertische und faire Preise. Ja, sowas gibt es noch in Hamburg.
Die Herkunft des Namens
Namensgeber für das Quartier war die Hamburgische Münzprägeanstalt, die bis 1982 am Münzplatz beheimatet war. Heute prägt sie am Standort in Hamburg Meiendorf Münzen. Damit ist sie die älteste Münzprägeanstalt Deutschlands und untersteht als Landesbetrieb der Hamburger Finanzbehörde.
Als vergessenes Stadtquartier hat sich hier über die Jahre, bedingt durch relativ geringe Mieten, ein urbanes Konglomerat aus Studenten, Lebenskünstlern, Einwandern und der Kreativszene gebildet. In den alten Läden mit schönen Pfeilern aus Gusseisen haben sich Architekturbüros und Filmproduktionen angesiedelt.
Im Quartier wohnen mit steigenden Tendenz rund 1.400 Menschen. Wobei, viele nur zeitweilig. In jüngster Zeit haben Investoren im Münzviertel Mikro-Apartmenthäuser, die häufig von Pendlern oder Studenten bewohnt werden, errichtet. Belastet wird das Quartier nicht nur von dem brandenden Verkehr der Straßen und der Bahn.
Auch Obdachlose und Drogenabhängige vom nahen Hauptbahnhof gehören zum alltäglichen Quartiersbild. Beschaffungskriminalität ist nicht selten, deshalb sind Innenhöfe und Hauseingänge zumeist stark gesichert. Fahrräder sollte man tunlichst nur gut abgesichert abstellen.
Das ehemalige Postamt Hühnerposten
Das imposante ehemalige Bahnpostamt Hühnerposten (Bj. 1902-1906 und Erweiterung in den 1920er Jahren) prägt den Eingang zum Münzviertel. Hier hat seit 2004 die Zentralbibliothek der Hamburger Öffentlichen Bücherhallen ihren Sitz.
Die große Halle des ehemaligen Postgebäudes ist heute eine angesagte Eventlocation. Das Name des Postamtes leitet sich von dem alten Straßennamen ‚Bei dem Hühnerposten – heute Hühnerposten‘ ab.
Ausgeführt ist das Gebäude in der Betonskelettbauweise mit einer Klinkerfassade, die mit gotisierend expressionistischen Formen geschmückt ist. Auf den südlich gelegenen ehemaligen Trümmergrundstücken sind seit etwa 2006 Hotel-und Bürobauten, unter anderem auch das Verwaltungsgebäude der Betriebskrankenkasse Mobil Oil, entstanden.
Kollektives Zentrum (KoZe) im Münzviertel
Eine Zeit lang so es so aus, als ob sich im Münzviertel eine zweite Rote Flora entwickelt. Nach und nach besetzten ab 2014 links-autonome sogenannte Aktivisten die ehemalige Gehörlosenschule an der Norderstraße. Aber, die Besetzer verloren schnell Rückhalt in der Szene und die Zahl der Unterstützer ging zurück. Insider berichten von quälend langen internen Auseinandersetzungen und Streitigkeiten. Das Gebäude vermüllte immer mehr.
Die Behörden hatten von der Hafenstraße und Rote Flora gelernt und fuhren von Anfang an einen harten und konsequenten Kurs. Im Jahr 2016 haben die letzten Besetzer, auch aufgrund von Gerichtsurteilen, die Gebäude, verlassen. Mittlerweile wurde die Schule abgerissen. Auf dem 8.500 qm großen Grundstück werden vom Hamburger Bauträger HBK 250 Mietwohnungen und 150 Studenten-Apartments, die teilweise öffentlich gefördert sind, errichtet.
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