Hamburgs ältester Tunnel: Der Schellfischtunnel sorgte einst für frische Fische

Altona wird Deutschlands Fisch-Metropole – Der Tunnel wird ausgebaut

Die Altonaer Kaianlagen waren somit direkt mit einer leistungsfähigen Güterverbindung an das reguläre Eisenbahnnetz des Deutschen Reiches, hier die Preußische Staatseisenbahn, verbunden. Immer mehr Menschen in Deutschland arbeiteten in Fabriken und wohnten in Städten. Sie mussten ernährt werden. Die Deutsche Landwirtschaft konnte den Bedarf nicht decken. Fisch wurde schnell bei den Arbeitern in Fabriken, Stahlwerken und Bergwerken in den Städten des Deutschen Reichs zu einem hochwertigen preiswerten volkstümlichen Grundnahrungsmittel.

So kam es zu einem ausgesprochen Boom in der Fischerei, die auf Fischdampfer statt Segler setzte, und der Fischindustrie in Altona. Fischdampfer konnten nicht nur schneller und leistungsfähiger Seefisch fangen. Sie mussten auch nicht mühsam die Elbe unter Ausnutzung der Tide hinaufkreuzen. Der Frisch war frischer und ein Dampfer konnte wesentlich häufiger und schneller auf Fangreisen gehen.

Nach wenigen Jahren zeigte sich, dass die Bahnanlagen, um die Waggons abzufertigen, an der Elbe nicht mehr leistungsfähig genug waren. 1893 wurde ein neuer und größerer Bahnhof rund 600 Meter nördlich vom alten Bahnhof gebaut. Das erforderte eine Verlängerung des Tunnels auf knapp einen Kilometer (961 m).

Für das Rangier- und Lokpersonal waren die Fahrten durch den Schellfischtunnel kein Vergnügen, denn die Tunnelentlüftung war nicht großzügig geplant. Die Belastung durch Rauch und Ruß war hoch. Ab 1911 wurden drei E-Loks eingesetzt.

1895 war Altona der größte deutsche Fischereihafen und das Zentrum der deutschen Fischereiindustrie In Altona wurden nach dem ersten Weltkrieg knapp 40 Prozent der deutschen Fischkonserven produziert. Rund 10 Prozent aller Altonaer waren in den 1920er Jahren in der Fischindustrie tätig.

Erste Arbeiten am Tunnel

In der Folgezeit kam der Tunnel in die Jahre und erste größere Sanierungsmaßnahmen wurden fällig. So wurde der südlich gelegene ältere Tunnelteil von September 1933 bis Juni 1936 erneuert und das Mauerwerk ausgetauscht. Dabei blieb nur die Tunnelsohle blieb erhalten. Den 2. Weltkrieg überstand der Tunnel ohne Beschädigungen. Er wurde sogar als inoffizieller Luftschutzraum genutzt.

Der Schellfischtunnel nach dem 2. Weltkrieg

Nach dem Krieg blühte die Fischwirtschaft wieder auf und das Wirtschaftswunder begann. Der Altonaer Hafen wurde immer mehr zum reinen Fischereihafen. Die Umschlagsanlagen wurden für ganze Verschiffungen genutzt. 1954 wurden die E-Loks ausgemustert, denn sie konnten aus betrieblichen Gründen nicht mehr mit Strom versorgt werden. Dampfloks, mit den bekannten Betriebsproblemen, übernahmen wieder die Traktion. Ab 1956 wickelten Dieselloks den Verkehr ab.

Schrittweise verlagerte sich der Frachtverkehr von der Eisenbahn auf den LKW und immer weniger Güterwaggons wurden abgefertigt. Altonas Stern als Fischereihafen sank seit Beginn der 1960er Jahre stetig. Die Revierfahrten von der Nordsee nach Altona/Hamburg waren zu zeitaufwendig. Der gefangene Fisch wurde zunehmend in Bremerhaven und Cuxhaven umgeschlagen.

Es wurden kaum noch Waggons transportiert. zu tun. So wurde der Betrieb des Tunnels 1992 eingestellt und das Südportal am Fischereihafen mit einem Metallgitter verschlossen.

nach der Stilllegung wuchs das Problem der Bausicherheit des Tunnels. Um die Standsicherheit zu erhalten wurde der Schellfischtunnerl in Teilbereichen saniert und mit einer Betoninnenschale mit Stahlbewehrung armiert.

Sanierungsarbeiten am Ende der 1990er Jahren

1998 wurde wegen drohender Einsturzgefahr die Achslast auf den über den Tunnel führenden Straßen beschränkt. Eine Beseitigung oder Verfüllung wäre zu aufwändig und kostenintensiv, so daß gegenwärtig über eine Sanierung nachgedacht wird. In Teilen des Tunnels, so z.B. im nördlichen Bereich, wurden bereits Verstärkungsschichten aus Spritzbeton aufgebracht. Die Betonschicht sorgt zwar dafür, daß der Tunnel nicht einstürzen kann, leider verdeckt sie aber auch die ursprüngliche Ziegelwand – wahrscheinlich für immer. Auch im Kreuzungsbereich mit der S-Bahn wurde der Tunnel verändert. Beim Bau der S-Bahn-Linie in offener Bauweise wurde der Tunnel an dieser Stelle entfernt und später durch einen neuen Tunnelabschnitt mit rechteckigem Querschnitt ersetzt.

Im 2. Weltkrieg wurde der Tunnel auch als Luftschutzbunker genutzt.

Die Zukunft des Schellfischtunnels

In den letzten Jahren ist des Öfteren darüber nachgedacht worden den Schellfischtunnel für den Personenverkehr zu reaktivieren. So hat der Investor des Elbberg Campus sogar einen Bahnsteig am südlichen Tunnelausgang im Jahr 2000 gebaut. Was alle die Initiatoren über Jahre erfolgreich ausgeblendet haben, der Tunnel war als reine Güterstrecke konzipiert. Für Tunnel mit Personenzüge gelten wesentlich strengere Sicherheits- und Baunormen. Der aktuelle Bauzustand ist zu schlecht. Er ist für Eisenbahnverhältnisse steil und hat mit 175m enge Kurvenradien. Güterwagen hatten Ende des 19. Jahrhundert einen kurzen Radstand. Dazu kommt, die Bauweise, Profile sowie die Sicherheitstechnik sind total veraltet. Den Tunnel für den Personenverkehr zu aktivieren würde de facto einen Neubau bedeuten. Das Investitionsvolumen steht in keinem Verhältnis zu zu erwartenden Fahrgastaufkommens.

Führungen voraussichtlich ab 2022

Die Behörde für Verkehr und Mobilitätswende möchte den denkmalgeschützten Schellfischtunnel wieder für Publikumsverkehr öffnen. Dazu stimmt die BVM derzeit mit dem Verein Hamburger Unterwelten e. V. ein Nutzungskonzept ab mit dem Ziel, schon im Frühjahr 2022 historische Führungen oder Veranstaltungen im Tunnel zu ermöglichen und diesen wieder für die Öffentlichkeit erlebbar zu machen.

In der Vergangenheit, etwa zum Tag des offenen Denkmals, gab es 10 Jahre lang vereinzelt Führungen durch den Verein Hamburger Unterwelten. Aufgrund unrechtsmäßiger Nutzung ist der Tunnel seit 2019 auch für Führungen und Besichtigungen gesperrt.

Im November 2021 stimmen die Behörde für Verkehr und Mobilitätswende und Verein Hamburger Unterwelten e. V. ein Nutzungskonzept ab. Ziel ist es, den denkmalgeschützten Schellfischtunnel wieder für Publikumsverkehr zu öffen. Im Frühjahr 2022 sind erste Führungen geplant. Auch Veranstaltungen im Tunnel sind denkbar. der Verein sorgt für Inaugennahme und für die Sauberkeit des Tunnels.

Quellen: hamburger-bahnhoefe.de, geschichtspuren.de, unter-hamburg.de, ndr hamburg,