Generalkonsulin sieht „überall freundlich lächelnde Menschen“

Generalkonsulin Valérie LuebkenUmrahmt von französischen Film-Legenden wie Brigitte Bardot (Foto über ihr, ausgestellt im Restaurant La Chance) fühlt sich Generalkonsulin Valérie Luebken besonders wohl. Foto: Cetin Yaman

Die französische Generalkonsulin Valérie Luebken im La Chance-Interview Lunch voller Lob für Hamburg.

Valérie Luebken wurde in der Nähe von Lille/Nordfrankreich geboren, nun seit eineinhalb Jahren in Hamburg, das heißt die Hälfte ihrer Amtszeit als Generalkonsulin für Frankreich in Hamburg ist schon vorbei. Davor war sie ein Jahr in Berlin. Deutschland ist ihr also schon bekannt. Wir unterhielten uns mit der sympathischen Karrierediplomatin über ihre Aufgaben Diplomatin in der Hansestadt und ihren Aufenthalt in der Hansestadt. Dazu ging es zu einem Interview Lunch in das französisch-orientalische Restaurant La Chance in der Hamburger Neustadt (Wexstraße 33).

ganz-hamburg.de: Hallo Frau Generalkonsulin Luebken, schön, dass Sie die Zeit für ein Gespräch mit ganz-hamburg.de gefunden haben. Fangen wir doch gleich mal mit ihrem neuen Wohnort an. Was sind denn Ihre bisherigen, erst mal ganz allgemeinen, Eindrücke von Hamburg so gewesen, als Sie das erste Mal hierherkamen?

Ich kam wie gesagt aus Berlin, insofern war ich schon relativ gut vorbereitet auf das, was mich hier erwarten würde. Berlin ist natürlich, wie man feststellen muss, eine tolle Weltstadt geworden. Meine Töchter lieben Berlin wahnsinnig, die Möglichkeiten zum Feiern und alles andere begeistern einfach junge Menschen. Hamburg ist eine ganz andere Stadt, allerdings war mir die norddeutsche Mentalität nicht völlig unbekannt, denn ich hatte auch eine Zeit lang mal auf der Nordseeinsel Juist verbracht und kannte insofern die norddeutsche Mentalität schon etwas.

Und wenn Sie die Hauptstadt direkt mit Hamburg vergleichen, zu welchem Resultat kommen Sie da? Von den Hanseaten heißt es ja immer, dass sie in ihrer Art etwas unterkühlt wären. Können Sie dem zustimmen?

Nun, sagen wir es mal so: Berlin ist in jedem Fall exzentrischer als Hamburg. Was mir in Hamburg aber sehr gut gefällt, ist, dass man überall freundliche, lächelnde Menschen antreffen kann. Man wird nett und sogar etwas elegant begrüßt, auch wenn das Gegenüber nicht weiß, dass ich Generalkonsulin von Frankreich bin. Das ist mir sofort aufgefallen und das weiß ich sehr zu schätzen.

War schon vorher bekannt und wird einfach ignoriert: Schietwetter…

Und das norddeutsche Klima, war das etwas, das Sie weniger begeistert hat?

Also, ich komme selber aus Nordfrankreich und war auch einige Zeit in Brüssel, das ist auch ziemlich verregnete Gegenden. Das bin ich schon gewöhnt. Das Klima in Hamburg ist kein großes Problem für mich, manchmal macht es mir mit den starken Winden und dem nassen Wetter etwas zu schaffen. Vor allem wenn ich mittags an der Alster joggen gehen möchte und der Wind einem den Regen ins Gesicht peitscht, ist es zugegebenermaßen schon etwas nervig. Aber insgesamt komm ich hier trotzdem gut klar mit dem Hamburger Wetter.

Bleiben wir doch gleich bei dem städtelandschaftlichen Aspekt. Welche Plätze in Hamburg gefallen Ihnen noch besonders gut?

Ja, da gibt es einiges zu entdecken, Planten und Blomen und weitere tolle Ecken. Leider bin ich aber von meiner beruflichen Aktivität unter der Woche so geschafft, dass ich am Wochenende nicht noch mehr unternehmen kann, um weitere tolle Sehenswürdigkeiten zu erkunden. Einige Lieblingsplätze habe ich aber schon entdeckt, zum Beispiel die Alte Rabenstraße, direkt an der Alster. Da fängt meine Joggingstrecke an und da gibt es einen Steg in die Alster hinein sowie ein schönes Café direkt am Wasser.

Überhaupt finde ich alles, was irgendwie am Wasser liegt, immer besonders schön und gerade in dem Punkt hat ja Hamburg unheimlich viel zu bieten. Die Speicherstadt ist auch einfach wunderbar und die Fähre 62 von den Landungsbrücken rüber nach Finkenwerder fahre ich auch sehr gern. Eine Fahrt auf der Elbe ist einfach sehr beruhigend, das zählt für mich ebenfalls zu den Highlights. Und natürlich ist auch der Elbstrand wunderbar.

Sehr geschätzt: das reichhaltige kulturelle Angebot in Hamburg

Verlassen wir mal die Botanik und die Landschaft und widmen uns den unterschiedlichen Orten wie Veranstaltungsstätten für kulturelle Events und ähnlichen Institutionen. Hat Sie da etwas besonders angezogen bisher?

Nun, zuerst mal machen wir selber bei uns im Institut français sehr viele Kulturveranstaltungen. Auch unser Gebäude in der Heimhuder Straße zählt zu den wichtigen historischen Gebäuden in Hamburg. Da haben einige berühmte Franzosen gearbeitet. Der Philosoph Michel Foucault ist natürlich der berühmteste, aber noch einige andere. Unser kulturelles Angebot wird von den Hamburgern auch sehr positiv aufgenommen. Wir veranstalten Literaturlesungen, Filmvorführungen, Konzerte und einiges mehr und haben jedes Mal ein volles Haus bei uns, das freut uns natürlich sehr. Dieses Jahr hatten wir auch das erste Mal eine Burlesque-Show sowie Podiumsdiskussionen über KI, Europawahlen, Umwelt und viele andere deutsch-französische Themen.

Ich weiß, Sie haben immer viel Auswahl bei Ihnen. Kommen Sie denn dann überhaupt noch dazu, auch noch andere kulturelle Angebote in Hamburg wahrzunehmen?

Doch, auch das ist für mich als Generalkonsulin sehr wichtig, die Elbphilharmonie hat mir zum Beispiel sehr imponiert. Und auch das Metropolis-Kino ist unbedingt zu erwähnen, dort gibt es jedes Jahr ein Festival des französischen Films. In Altona hab ich in der Fabrik neulich ein Konzert mit bretonischer Musik mit original bretonischen Tänzen gehört und gesehen, das war eine restlos ausverkaufte Veranstaltung. Und auf der Altonale gab es Hip-Hop aus Frankreich, also die Hamburger scheinen sich wirklich sehr für französische Kultur zu interessieren. Wir haben auch Kooperationen mit der Hip Hop Academy und der Hochschule für Musik und Theater Hamburg.

Dann haben Sie höchstwahrscheinlich die spektakuläre Caspar David Friedrich in der Hamburger Kunsthalle auch nicht verpasst, nehme ich an?

Genau, da musste ich hin und war sehr fasziniert, da hatte ich auch Besuch von Franzosen aus Berlin, die sich das ebenfalls ansehen wollten.

Sie scheinen sehr angetan von der Hansestadt zu sein…

Das bin ich in jedem Fall. Hier gibt es eine große Vielfalt und die Menschen sind offen, beweisen Geschmack.

Dzemazi Saini mit Valérie Luebken und Cetin Yaman rechts
La Chance-Inhaber Dzemazi Saini (li.) freute sich darüber, dass er in seinem franzö-sisch-orientalischen Restaurant mit der Generalkonsulin so einen hohen Gast begrüßen durfte. Rechts: der Autor dieses Artikels. Foto: Cetin Yaman

Konsulatsstadt Hamburg: immer ein voller Terminkalender

Nun ist es ja auch so, dass Hamburg eine Stadt mit sehr vielen konsularischen Vertretungen aus der ganzen Welt ist, so um die 100 sind es derzeit. Ist das für Sie als Generalkonsulin besonders angenehm, kriegen Sie das mit, dass Hamburg in der Hinsicht so reichhaltig ausgestattet ist? Wird Ihre konsularische Tätigkeit in der Hansestadt dadurch erleichtert? Unter anderem auch deswegen, weil es immer so viele Events und Einladungen von den andern Konsuln gibt? Oder haben Sie durch Ihre Doppelfunktion als Generalkonsulin und Leiterin des Institut français so viel zu tun, dass Sie diese Vernetzungsmöglichkeiten gar nicht voll ausschöpfen können?

Das ist eine sehr angenehme Situation für mich als Generalkonsulin, dass es so viele Kollegen gibt; egal, ob Honorarkonsule oder Generalkonsule wie ich – also Karrierediplomaten. Was mir in Hamburg sofort aufgefallen ist, ist die hohe Anzahl an Kolleginnen, die auch sehr aktiv sind und viel für ihr Land machen. Die Generalkonsulinnen in Hamburg sind alles ganz tolle Frauen, die alle einen hervorragenden Job machen. Sie sind jung, topp ausgebildet und sehr umgänglich. Wir treffen uns nach Möglichkeit häufig, das ist auch sehr wichtig für den Integrationsmechanismus innerhalb des Konsularischen Korps in Hamburg.

Da gibt es sicher viel interessanten Gesprächsstoff kann ich mir vorstellen. Zumal Sie ja auch teilweise unterschiedliche Aufgaben wahrnehmen.

Und auch teilweise sehr unterschiedlich große Wirkungsbereiche, manche von den Kollegen/-innen haben 5 Bundesländer zu betreuen (alle Nordländer). Ich bin auch zum Beispiel immer sehr gern in Schleswig-Holstein unterwegs.

Napoleon machte in Hamburg nicht gerade die beste Werbung für sein Land…

Lassen Sie uns doch mal einen Zeitsprung vornehmen und auch mal auf die sogenannte Franzosenzeit hier in Hamburg zu sprechen kommen. Die ist jetzt über 200 Jahre her, aber manchen ist sie dennoch aus Überlieferungen im Gedächtnis geblieben. Werden Sie denn als Generalkonsulin noch auf diese Zeit direkt angesprochen?

Nun, man muss auch immer die ganze Historie betrachten und da ist festzustellen, dass Napoleon damals hier in Hamburg und in Altona – damals noch zwei unterschiedliche Orte – teilweise keinen besonders guten Eindruck hinterlassen hat. Darauf wurde ich schon mal angesprochen, das war auf einer Veranstaltung im Rotary Club. Natürlich habe ich mich als offizielle Vertreterin der Französischen Republik vorher gut in dieses Thema eingelesen. Auch die zahlreichen Hugenotten, die in der damaligen Zeit nach Hamburg gekommen sind, sind ein Teil der gemeinsamen Geschichte.

Auch ich als Journalist habe es hier häufig mit hier in Hamburg lebenden Franzosen zu tun und mein Eindruck ist der, dass es da doch eine große gegenseitige Sympathie gibt zwischen den Hanseaten und den Nachbarn aus Frankreich.

Das stelle ich immer wieder fest und das macht meine Aufgabe als Generalkonsulin auch so angenehm, man trifft immer auf offene Ohren mit seinen Ideen.

Voilá: Französische Küche, auch in Hamburg sehr beliebt

Valerie Luebken
Generalkonsulin Luebken nimmt aktiv am kulturellen Geschehen in Hamburg teil. So war sie auf dem Sommerfest der Altonale 2024 einer der VIP-Gäste. Links: Gunnar Groß von AIRBUS und rechts der Journalist Erdal Altuntas (POST-Zeitung).

Jetzt wollen wir aber zum Finale auch noch etwas die französische Küche reden, da kommen wir gerade an unserem Interview-Ort, dem französisch-orientalischen Restaurant La Chance hier in der Hamburger Neustadt, nicht dran vorbei. Übrigens: wie Sie wissen, sind ja auch die Franzbrötchen ein Relikt aus der Franzosenzeit in Hamburg. Sie haben sich hier und heute das Gericht „Sünde des Orients“ bestellt. Wie hat es denn gemundet?

Ausgezeichnet, exzellente Küche, mein orientalisches Essen heute im La Chance war sehr fein! Zu Ihrer Frage: dazu ist festzustellen, dass wir in Frankreich traditionell eine gute Verbindung zum Orient haben. Und in der Politik haben wir uns geopolitisch immer sehr stark in den Süden orientiert, dadurch kamen die Einflüsse aus dem Orient sozusagen von alleine. Darum haben wir zum Beispiel in Paris so wahnsinnig viele orientalische Restaurants und für uns ist es auch wichtig festzustellen, dass dies unbedingt zur französischen Kultur gehört. Und damit sind nicht nur die Restaurants gemacht, sondern durchaus auch die gesamte orientalische Kultur, die ein Teil unserer eigenen Kultur geworden ist.

Hamburg hat sich in den letzten beiden Jahrzehnten zu einer Gastronomie-Hochburg entwickelt, dazu zählen auch einige Restaurants mit französischer Küche. Welches ist denn davon Ihr persönlicher Favorit?

Ins Nil (Neuer Pferdemarkt) gehe ich sehr gerne und auch die anderen französischen Restaurants in Hamburg gefallen mir gut. Allerdings muss ich hinzufügen, dass ich diese alle durchgehend als zu traditionell empfinde. In Sachen Speisen finde ich Innovationen persönlich sehr spannend, es muss nicht immer alles so sein wie vor 50  Jahren.

Kann es sein, dass die Betreiber dies aus Marketing-technischen Gründen absichtlich so bestreiten, weil sie damit die deutsche Kundschaft anlocken wollen? Also „Coque au vin“ und so weiter, damit das französische Klischee bedient wird?

Das kann ich mir auch sehr gut vorstellen, dass es so ist. Aber ich sehe meine Aufgabe darin, diese vorhandenen Klischees über Frankreich zu überwinden. Also, man muss bei französischer Esskultur nicht sofort an Baguette, Brie-Käse und so denken, sondern sich auch mal an die moderne Zeit ankoppeln. Es gibt sehr innovative und  auch gesunde Kreationen in der neuen französischen Küche, die einfach fantastisch schmecken. Das wäre in jedem Fall mal einen Versuch wert, diese auch an die Hamburger heranzuführen.

Wie lautet denn ihr französisches Lieblingsgericht?

La langue de boeuf (Rinderzunge)…von meiner Mutter gekocht!

Und aus der orientalischen Küche?

Couscous-Gericht, bei uns in Frankreich ist das mehr als nur der Couscous, das wird „à la marocaine“ mit viel Gemüse und Fleisch und so weiter zubereitet.

Dann hoffen wir, dass Sie in Hamburg neben dem La Chance noch genügend weitere  Restaurants mit Ihren Lieblingsgerichten finden werden und wünschen Ihnen auch sonst eine angenehme Zeit in der Hansestadt. Besten Dank für das Gespräch.

Über Valérie Luebken

Valérie Luebken besitzt einen European Master of Governance and Administration (MEGA) und war zunächst Attaché, anschließend Presseberaterin in Wien, Berlin, Los Angeles und Washington. Anschließend war sie von 2009 bis 2012 in der Direktion Amerika der Zentralverwaltung tätig, danach als politische Beraterin in Luxemburg (2012–2015), gefolgt von einer Station in Straßburg bei der Ständigen Vertretung von Frankreich beim Europarat (2015–2018). Von 2018 bis 2020 stand sie der Europäischen Kommission in Brüssel zur Verfügung und führte dann Verstärkungsmissionen für die ständige Vertretung Frankreichs bei den Vereinten Nationen in New York und in Tel Aviv (2020-2021) durch. Vor ihrem Amtsantritt am französischen Generalkonsulat in Hamburg wurde sie im August 2021 zur politischen Referentin in Berlin ernannt. Seit September 2022 ist Valérie Luebken Generalkonsulin von Frankreich in Hamburg.

von Cetin Yaman