Soll Hamburg für Milliarden das Energienetz zurückkaufen? Ist das alles ganz einfach und risikolos?
Ein brandaktuelles Thema in der Alstertaler Business-Lounge: ENERGIE, soll die Stadt das Netz zurückkaufen? Brisant, denn gefühlt zahlen wir alle zuviel für Strom und im europäischen Vergleich liegen wir im Spitzenfeld. Der Verleger Wolfgang E. Buss (u.a. Alstertal und Alster Magazin) setzte das Thema. Denn, das ist sonderbar, obwohl es um schätzungsweise 2 Mrd. Euro geht, ist es geradezu still in Hamburg.
Vor etwa 250 geladenen Gästen diskutierte am Montag Wolfgang E. Buss mit Pieter Wasmuth (Generalbevollmächtigter der Vattenfall Hamburg und Norddeutschland). Das Thema war brandaktuell: Es ging um das Für und Wider eines Netzrückkaufs durch die Stadt. „Das ist nicht nur eine spannende Thematik, sondern auch hochkomplex“, sagte Gastgeber Wolfgang E. Buss. „Und da wir alle aufgerufen sind, am 22. September darüber abzustimmen, müssen wir uns vorher eingehend informieren. Deshalb habe ich ‚Energiepolitik und Netzrückkauf‘ zum Thema der Alstertaler Business Lounge gemacht.“
Schon die Vorgeschichte ist spannend
Mit dem Gast wurde zunächst der Vorgang des Volksbegehrens erörtert. Doch es ging auch um die Herausforderung, die eine Firma wie Vattenfall durch eine sich ständig ändernde politische Landschaft bewältigen muss. „Als Vattenfall damals nach Hamburg kam, waren wir hochwillkommen“, erklärte Pieter Wasmuth. „Wir waren die ‚Vierte Kraft‘, weil die HEW ja gerade nicht an E.ON oder RWE verkauft werden sollte.“
Was gern vergessen wird, der damalige SPD-Senat glaubte einfach, dass ein schwedisches Staatsunternehmen eine Art “wirtschaftlicher Ponyhof” ist und er durch den Verkauf mehrere Probleme auf einen Schlag lösen konnte. Erstens Geld für die klamme Stadtkasse, denn die Haushaltsdefizite waren damals enorm, zweitens war man die “böse,böse” Atomkraft los . Die übrigens auf politischen Druck in Deutschland fast einstimmig eingeführt wurde. Drittens konnte man sich vor den deutschen Stromriesen retten. Selten hat die Stadtpolitik so versagt wie in der Causa HEW-Vattenfall. Das war nicht nur ein SPD sondern auch ein Versagen der CDU.
Gewiss ist Vattenfall nicht der weiße Ritter mit der unbefleckten Weste. Wesentliche Aktivitäten hat der Konzern nach Berlin verlegt und Hamburg ist defacto eine Konzernfiliale. Das ist bitter, schmerzt und schwächt das Wirtschaftleben der Stadt. Vattenfall sieht seine Situation nüchtern. „Als 1998 die Strommärkte liberalisiert wurden, sind alle davon ausgegangen, es gäbe eine Konsolidierungsphase der europäischen Energiewirtschaft und man muss wachsen, wenn man überleben will.“ Dies habe sich geändert, denn: „Fragen Sie mal Herrn Albig, was der unter Energiewende versteht, fragen Sie Herrn Seehofer und Frau Kraft und Herrn Wowereit, dann haben Sie fünf Meinungen, nachdem Sie mit vier Leuten gesprochen haben. Das passt nicht zusammen. Die Lehre, die wir daraus ziehen müssen, ist, dass die Zukunft in Europa kleinteiliger wird. Jetzt stellen wir uns regionaler auf und betten uns stärker in den regionalen Kontext ein.“ sagte Wasmuth. In diesem Zusammenhang werde auch die 25,1-Prozent-Beteiligung der Stadt am Stromnetz bei Vattenfall als zukunftsfähiges Modell gesehen. Selbst wenn der Volksentscheid zugunsten eines Netzrückkaufs ausfiele, werde Vattenfall sich wieder um die Konzessionen bewerben, kündigte Pieter Wasmuth an. „Wir bleiben der verlässliche Partner, der wir seit Jahren sind. Wir fühlen uns in Hamburg zu Hause und bleiben hier.“ Schließlich ist der Netzbetrieb ein stabiles und sicheres Geschäft, eher bodenständig und nicht so sexy. Nur, Infrastruktur muss stets langfristig gedacht werden, etwas was den Zeithorizont von Politikern überfordert.
Die Reaktion der Gäste war eindeutig. Sie stehen dem Netzrückkauf überwiegend sehr skeptisch gegenüber. Zu ganz-hamburg.de sagte Anja Glathe, Geschäftsleitung Auto Wichert: “Das Gespräch war sehr aufschlussreich, kurzweilig und kam bei allen unglaublich gut an. Der ein oder andere hat sich sein Urteil auch erst jetzt gebildet. Ich hatte meins schon vorher. Die Business Lounge ist eine tolle Veranstaltung, ein nettes Come-Together, ein tolles Netzwerk und man trifft viele nette Leute.”
Ian Karan (Senator a.D.) pflichtete ihr bei: “Ich halte nicht viel vom Netzrückkauf. Herr Wasmuth hat das toll erklärt, dass es nicht sinnvoll ist. Es kostet uns 2 Milliarden und das sind Gelder die wir nicht haben. Damit haben wir nicht mehr gewonnen, als wir es jetzt schon haben.”
Jenny Falckenberg- Blunck gefiel das Gespräch sehr gut: “Das ernste Thema, mit dem sich die Hamburger zum Teil auch sehr wenig auskennen, ist wahnsinnig charmant und humorvoll erklärt worden.”
Von ganz-hamburg.de gesehen: Knut Fleckenstein (Europaabgeordneter SPD), Weihbischoff Dr. Jaschke, Karsten Bärschneider (Center Manager Alstertal-Einkaufszentrum, Claudia Schulz (PR Lady) , jan Weitendorf (Verlagsgruppe Oetinger), die Pianistin Dr. Jasmin Böttger, Adelheid Sailer-Schuster (Präsidentin Deutsche Bundesbank), die Schauspielerin Marion Elskis, Nandini Mitra (Moderatorin), Anne Marie Dose (ehm. Hamburger Tafel), Bernd Glathe (Auto Wichert Boss), Kristiana Tröger (VorstandVerband Deutscher Unternehmerinnen), Thorsten Laussch (Comedian, Hausmeister Rudi) der Sportmoderator Uli Pingel bei HH 1
Ein gelungener interessanter Abend mit einem kontroversen spannenden Gesprächsthema, der durch die Sponsoren DAHLER & COMPANY, Nord-Ostsee Automobile (Mercedes Benz), Fahnen Fleck, CARL Konferenz & Eventtechnik und die gekonnte Gastromomie vom Del perfekt ermöglicht wurde.