Das traditionsreiche Weinanbaugebiet in Nordspanien ist immer noch ein Geheimtipp und steht für Weine mit hervorragendem Preis-Genuss-Verhältnis.
Im Norden Spaniens, zwischen dem Fluss Ebro und den Pyrenäen, nord-östlich der berühmten Region Rioja, liegt das Weinbaugebiet der D.O. Navarra. Man blickt hier auf eine Jahrhunderte alte Weinbautradition zurück, denn quer durch Navarra führt der Jakobsweg nach Santiago de Compostela, und die ebenso hungrigen wie durstigen Pilger mussten mit Proviant und Wein versorgt werden. Heute befindet sich die Kellertechnik der meisten Bodegas auf dem neuesten Stand, so dass eine Vielzahl guter bis erstklassiger Weine entsteht, die sich preislich immer noch deutlich unterhalb des Niveaus der benachbarten Region Rioja bewegen.
Insgesamt umfasst die Rebfläche der D.O. Navarra rund 18.000 Hektar. Eine Besonderheit ist die Rebsortenvielfalt: In Navarra werden sehr viele verschiedene Sorten kultiviert, davon zu 90 Prozent rote Reben, unter denen die spanischen Sorten Tempranillo mit 33 Prozent und Garnacha mit 24 Prozent dominieren. Darüber hinaus gewinnen die französischen Sorten Cabernet Sauvignon, Pinot Noir und Merlot an Bedeutung, die vorwiegend zum Verschnitt in unterschiedlichen Cuvées Verwendung finden.
Von der Vielfalt und hohen Qualität der Weine aus der D.O. Navarra konnten sich geladene Presse- und Weinfachleute jüngst bei einem virtuellen „Speed Tasting Navarra“ überzeugen. Nachdem der Karton mit den zu verkostenden Weinen ein paar Tage zuvor eingetroffen war, konnten sich die Teilnehmer über einen Zoom-Link in die von David Schwarzwälder, Dozent und Fachjournalist für iberische Weine, geführte Verkostung einloggen.
Hier nun vier – gänzlich subjektive – Tipps:
Vom Weingut Bodegas Castillo de Monjardin in Villamajor de Monjardin, Tierra Estella, zwei exzellente Weine:
- Eine Coupage Selección Crianza Jahrgang 2018 aus 40% Tempranillo, 40% Cabernet Sauvignon und 20% Merlot, was als typischer „Navarra Blend“ gilt. Der Wein ist 12 Monate im Holzfass gereift, die Tannine sind gut eingebunden und runden eine insgesamt weiche, saftige und schlanke Cuvée harmonisch ab.
- Der zweite Wein aus der Bodega Castillo de Monjardin ist ein Superior Reserva Jahrgang 2016: ein rebsortenreiner Cabernet Sauvignon, was eine echte Besonderheit ist – ein „knackiger“, säurebetonter, gut ausbalancierter Wein, der lange lagerfähig ist und seinen Genuss-Höhepunkt noch nicht erreicht, sondern erst noch vor sich hat…
Vom Weingut Bodegas Pago de Larrainzar in Ayegui, Tierra Estella, zwei ebenso exzellente Rotweine:
- Der Raso de Larrainzar Jahrgang 2018, eine Cuvée aus 45% Tempranillo, 30% Cabernet Sauvignon, 20% Merlot und 5% Garnacha. Der Wein ist gänzlich durchgegoren und hat lediglich 1,5 Gramm Restzucker, was glatt überspielt wird angesichts seiner pikanten Frische und Saftigkeit sowie der wunderbar eingebundenen, kaum spürbaren Holztöne.
- Der zweite Wein ist der Raso de Larrainzar Reserva Jahrgang 2013 (!) – also eine echte Rarität aus 37% Tempranillo, 31% Cabernet Sauvignon, 26% Merlot und 6% Granacha. Nach 12 Monaten im Holzfass wurde der Wein ganz bewusst einige Jahre in Flaschen gelagert, bevor er auf den Markt kam. Jetzt präsentiert er sich wunderbar gereift auf seinem absoluten Geschmackshöhepunkt – für den Winzers der beste Beweis, dass er alles richtig gemacht hat mit seiner „Rückbesinnung auf die Geduld“!
von Angelika Fischer