Erfindet sich das Hanseviertel neu und schafft es mit dem Food Market die Wende?
Das Hamburger Hanseviertel, die Mutter aller Passagen, ist spürbar in die Jahre gekommen. Vor 40 Jahren, als das Hanseviertel 1980 eröffnet wurde, war es das Vorzeige-Projekt in City und lies auf einen Schlag Kaufhäuser, Fußgängerzonen, wie die Spitalerstraße, die Einkaufsmeile Mönckebergstraße und die anderen klassische Einkaufsstraßen alt aussehen. Von Anfang an Anfang war das Hanseviertel ein Kundenfavorit und wurde schnell zu einer Hamburgensie und 20.000 Besucher galten in den guten Jahren als normal. Allerdings, das war einmal, denn in den letzten Jahren konnte man von solchen Kundenfrequenzen nur träumen. In der Adventszeit waren kamen noch mehr Besucher und die Hamburger schoben sich in dichten Pulks durch die vollen Gänge.
Der legendäre Hummerstand, wurde sehr schnell ein umlagerter Treffpunkt und ein Place to be in der City und ist auch heute noch populär.
Das zweite Highlight der Passage war das Mövenpick Restaurant im Untergeschoss der Rotunde. Es war nicht nur bestens besucht, es war eine Oase in der damaligen gastronomischen Wüste der Hamburger Innenstadt. Wir schreiben über die 1980er die Hamburger City war ein Kaufmaschine und nur tagsüber bis Büro- und Ladenschluss belebt. Essen und Trinken wurde auf Kaufhausrestaurant-Niveau abgehandelt.
Mit den vielen neuen Passagen belebte sich die Hamburger City, wurde vielfältiger und vor allem entwickelte sich die Gastronomie als Treffpunkt. Das Passagenviertel wurde ein fester Begriff. Die Kaufströme, insbesondere Premiumkäufe, verlagerten sich von der Spitaler- und Mönckebergstraße ins Passagenviertel. Langsam, am Anfang unmerklich, begann damit auch der Niedergang der stolzen Warenhäuser. Sie verloren die Premiumkäufer und wurden konsumiger.
Der Zenit ist erreicht
Rückblickend gesehen hat das Hanseviertel wohl seinen Zenit mit dem Beginn der 2000er Jahre erreicht. Auch wenn damals der Online Handel noch keine Rolle spielte, im Handel gaben in dieser Zeit die stark expandieren Filialketten die Schlagzahl vor und die benötigen tendenziell große Ladenflächen. Der inhabergeführte Einzelhandel, für diese Kunden waren die ehe kleinen Shops des Hanseviertels konzipiert, begann der Rückzug. Für einen großen Teil der Filialketten waren die Ladenflächen im Hanseviertel zu klein. Von Jahr zu Jahr wurde die Vermietung schwieriger und langsam stieg die Ladenfluktuation. Auch wenn es jahrelang keine Probleme gab Nachmieter zu finden.
Das Mövenpick Restaurant hört auf
Im langsam beginnenden Abstieg war die Schließung des Mövenpick Restaurants Ende Juni 2007 ein erster sichtbarer Meilenstein. Immerhin war es einmal das Flaggschiff der Passage einmal gewesen. Diese Schließung war laut Hamburger Gastronomie-Insidern durchaus nachvollziehbar. Das Restaurant hatte Popularität verloren. Die Gästefrequenz, ergo auch die Umsätze, sollen niedriger geworden sein. Das Restaurant hatte einen Teil seiner Alleinstellung eingebüßt. Im Umkreis hatte sich einiges an Gastronomie entwickelt.
Ein zweiter, wohl nicht unwichtiger Faktor, dass Restaurant war in die Jahre gekommen. Die Küchentechnik soll nicht mehr auf dem neusten Stand gewesen sein und hätte wohl größere Investitionen erfordert. Auch im Gästebereich waren Umbauten wohl fällig. Wenn ein Betrieb ein Vierteljahrhundert besteht, ist das nicht außergewöhnlich. Niedrig sollen die Pachten nie gewesen sein, bei Mövenpick war man vielleicht der Auffassung, dass sich das nicht mehr rechnen würde. Ein Indiz dafür war, es fand sich auch kein anderer Gastronom der das Restaurant übernehmen wollte.
So wurde das Restaurant einfach geschlossen und auf dem Deckel drehte sich die 13 Tonnen schwere Weltkugel aus Granit die Weltkugel.
Der damalige Eigentümer, die Allianz Versicherung, war wohl der Auffassung, dass man nicht nur auf die Mieteinnahmen verzichten könnte sondern auch keinen Frequenzbringer dieser Größenordnung benötig. Aus heutiger Sicht war es eine Entscheidung gegen einen absehbaren Trend. Mittlerweile ist die Gastronomie in Passagen und Einkaufcentern ein bedeutender Faktor als stabiler Frequenzbringer, denn der klassische Einzelhandel hat bei weitem nicht mehr die Strahlkraft. Sehr deutlich wird das bei der Europapassage. Hier wurde mit dem dem Food Sky Deutschlands größter Foodcourt im zweiten Stock auf 3.000 qm vor vier Jahren geschaffen.
Ein Eigentümerwechsel
Der Eigentümer schien die Lust an der Immobilie verloren zu haben. Vor drei Jahren, im Herbst 2018, hat der internationale Immobilieninvestor CBRE Global Investors das insgesamt 38.850 qm große Hanseviertel Ensemble aus Einkaufspassage (9.000 qm/50 Geschäfte), Marriott-Renaissance-Hotel mit 205 Zimmern, 14..400 qm Bürofläche und 15 Wohnungen von der Allianz Real Estate erworben.
Sehr viel kann der neue Eigentümer allerdings nicht ändern, denn im Verkaufsjahr wurde das Hanseviertel, das vom angesehenen Hamburger Top Architekturbüro gmp entworfen wurde, unter Denkmalschutz gestellt.
Zurück zu den Wurzeln mit einem Food Market
Stück für Stück wird die Passage modernisiert und für die heutigen Anforderungen fit gemacht Ein wichtiger Baustein ist die Wiederbelebung der Rotunde. Hier soll auf 1.500 qm Fläche ein Food Market mit verschiedenen Küchen für ein deutlich geschärftes Gastronomieprofil sorgen. Auch der Hamburger Lokalmatador und Fernsehkoch Tim Mälzer, der insbesondere mit seiner Bullerei in den Schanzenhöfen sehr erfolgreich ist, wird hier eine Küche eröffnen.
Als Pluspunkte kann das Hanseviertel sicherlich die Aufwertung des Heumarktes, die unmittelbare Nähe zu den Stadthöfen und dem ABC-Viertel, in dem viele interessante inhabergeführte Fachgeschäfte für eine lebendige Atmosphäre sorgen, zählen.
Die Hamburger City spürt kräftigen Gegenwind
So oder so, die klassische Hamburger City muss sich neu erfinden. Nicht nur dass sich die Umsätze immer mehr hin zum Online Handel verlagern. Eine Bettler- und offene Trinkerszene steigert nicht gerade das Sicherheitsgefühl und die Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum. Partyfreudige Jugendliche treffen sich rund um den Jungfernstieg uns sorgen zuverlässig für Sicherheitsprobleme und Müll. Das Passagenviertel hat diese Probleme nur im geringen Maße.
Das Ziel des rot-grünen Hamburger Senats ist die Reduzierung des Autoverkehr in der City auf ein Minimum. Mit dem Auto zum Shoppen in die Stadt zufahren wird immer unattraktiver und vor allem teurer. Immer mehr Straßen werden autofrei bzw. werden die Parkplätze am Straßenrand reduziert.
Die klassischen gelernten Einkaufsströme verändern sich. Wer im wohlhabenden Norden Hamburgs lebt, hat dem Alstertal Einkaufszentrum eine sehr gute Alternative und ist als Autofahrer ein willkommener Kunde. In der HafenCity entsteht das große Westfield Überseequartier mit Geschäften, Hotels, Gastronomie und Freizeitattraktionen. Hier in der HafenCity eröffnet Breuninger auf 14.000 qm Fläche seinen ersten Norddeutschen Standort im Überseequartier.Viele Hamburg Touristen, die bisher die Innenstadt besucht haben, werden auch das die HafenCity frequentierten.
Auf das City Management kommen viele Aufgaben zu. Ein positiver Faktor ist, das zwischen Immobilieneigentümer, Passagen, dem Handel zusammen mit der Politik und den Behörden ein Vertrauensverhältnis herrscht und es viele Gemeinsamkeiten gibt. Das ist in vergleichbaren Städten wie z.B. Berlin ganz anders.