Eimsbüttel – Ein Krämerladen in Hamburg

Krämerladen Hamburg Eimsbüttel StraßenansichtDer Hamburger Krämerladen in Eimsbüttel

Der Krämerladen in Hamburg Eimbüttel: “Du kannst nicht einfach einen Laden aufmachen.” – “Doch. Das kann ich!”

Ein ganz normaler regnerischer Dienstagvormittag in Hamburg, wieder einmal zieht ein atlantischer Tiefausläufer über Hamburg hinweg und erinnert daran, das ‘nordisch by nature’ kein Marketing-Schnack einer kreativen Werbeagentur ist. Als wir in Eimsbüttel den “Krämerladen” betreten, geht zwar nicht die Sonne auf, aber die Temperatur steigt gefühlt um 12,5° und die dichte graue Wolkendecke reißt auf. Hier in ihrem Laden begrüßt uns eine freundestrahlende Ramona Krämer, die Inhaberin von Krämerladen. Schnell ist ein Hafer-Cappuccino für meine Begleitung aufgeschäumt, während dich lieber ein doppelten Espresso trinke.

Gut, dass es am Vormittag noch ruhig im Laden ist. So hat Ramona Krämer Zeit, uns uns ihre Geschichte von 84-jährigen Kundinnen mit Rollator erzählen. Und auch, warum ihre Mutter vor der Ladeneröffnung in Tränen ausgebrochen ist.

Der inhabergeführte Einzelhandel macht die Stadt lebenswert

Vergessen wir an dieser Stelle eines nicht, ob es nun Umfragen, persönliche Gespräche oder Konzepte von Politikern, Stadtplanern und Quartiersmanagern sind. Unisono gibt es eine einheitliche Meinung. Stets wird die Bedeutung des inhabergeführten Einzelhandels für eine lebendige Stadt betont. Individuelle Geschäfte bringen Leben und Farbe in Einkaufsstraßen und Quartiere, sind lokal verwurzelt und eingebunden. Sie machen Stadtteile vielfältig, laden zum Bummeln und Schlendern ein. Davon profitiert dann auch die lokale Gastronomie. Schon die Ur-Städte in Mesopotamien waren durch den Handel geprägt.

Von Seiten der Politik und auch von Städteplanern gibt es viele Sonntagsreden und oberflächige Lippenbekenntnisse, die die Bedeutung des inhabergeführten Handels betonen. Tatsächlich sorgen ein Bündel von kleinlichen Verordnungen, Auflagen, überregulierten Vorschriften, behördlicher Kontroll- und Genehmigungswahnsinn sowie eine ideologische dogmatische Verkehrspolitik häufig genau für das Gegenteil.

Der inhabergeführte Einzelhandel ist zwar mehr als das Salz in der Suppe und macht Shopping erst bunt. Im Endeffekt können die Einzelhändler nur aus eigener Kraft überleben. Sie müssen ihre Geschäftsstrategien an die Markbedingungen ausrichten. Wer keine modernes Konzept hat, der wird nicht überleben. Engagement, Leidenschaft, Begeisterung und Kundenorientierung sind zwar essentiell wichtig. Aber heute braucht es mehr. Das hat gerade auch der Corona-Lockdown bewiesen.

Krämerladen Inhaberin im Geschäft
Ramona Krämer, Inhaberin vom Krämerladen

Das ganz-hamburg.de Gespräch mit Ramona Krämer

gh – Erzähl mal Ramona, was ist der „Krämerladen“ und wie bist Du dazu gekommen, ein eigenes Geschäft zu eröffnen?

Als ich meinen Eltern vor gut zehn Jahren gesagt habe, dass ich einen Laden für Klamotten und Deko eröffnen werde, haben sie die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen. Meine Mama hat geweint und gesagt: Du kannst nicht einfach einen Laden aufmachen. Mama, habe ich gesagt, doch, das kann ich. Und hier sind wir jetzt: Immer noch da und glücklich.
Gelernt habe ich eigentlich Versicherungskauffrau. Eine Zeitlang habe ich in der Werbung gearbeitet, aber ich hatte schnell keine Lust, mir von alten Männern sagen zu lassen, wie es läuft. Eine Leidenschaft für Mode hatte ich schon immer und dann war der Moment da, den Krämerladen aufzumachen.

gh: Wie bist Du auf den Namen gekommen?

Das ist wirklich ganz einfach und so naheliegend (lacht). Mein Nachname ist Krämer. Und ein Krämerladen war früher schon so ein Laden, der irgendwie alles hat. Dinge, die man für den täglichen Bedarf braucht. Und Dinge, die keinen wirklichen Nutzen haben, aber den Menschen ein Lächeln ins Gesicht zaubern.

Ich möchte mich abheben von anderen Läden, ein bisschen frecher sein, ein bisschen rotzig, ein bisschen lauter. Ich glaube, das beschreibt den Krämerladen am besten. Er ist mein erstes Baby, mein echtes Kind habe ich erst später bekommen.

gh: Wie beschreibst Du Dein Sortiment? Was ist anders?

Ich würde nie etwas im Laden verkaufen, mit dem ich mich nicht wohlfühle. Im Großen und Ganzen findest Du hier Klamotten, Dekokram und Geschenkartikel – alles etwas ausgefallener, lustiger, als in vielen anderen Läden.

Ja, ich verkaufe z.B. auch Blümchenkleider. Aber die sind dann von den Farben her so cool und einzigartig, dass man sie nicht überall sieht. Und das schätzen auch meine Kund:innen, dass sie hier das gewisse Etwas bekommen.

Der Onlineshop ist ein Segen

gh: Auch wenn es den ‘typischen’ Kunden gibt. Wie sieht die typische Krämerladen-Kundin aus?

Meine Kundschaft ist total unterschiedlich. Ich habe weniger 16-jährige Mädchen, dafür ist meine älteste Kundin 84. Sie kommt mit ihrem Rollator rein und ist immer fröhlich. Viele Frauen um die 40 Jahre aus Eimsbüttel kaufen bei mir ein, die keine Lust auf Einheitsgrau haben.

Durch den Onlineshop, den ich vor fünf Jahren eingerichtet habe, kann ich noch mehr Menschen erreichen. Zu Beginn hatte ich hier nur mein eigenes Label (Anm.: „Bildet Banden“), aber als Corona kam, habe ich direkt alles in den Onlineshop gestellt, was ich auch im Laden hatte. Ein Segen, dass ich den Shop eh schon hatte und nicht wie viele Läden erst auf Online-Shopping umstellen musste.

gh: Das Kaufsmannslob ist bekanntlich die Klage – wie läuft es aktuell?

Uns fällt auf, dass wir aktuell weniger Laufkundschaft haben. Die Leute bleiben immer noch lieber zu Hause, Maskentragen und Einchecken schreckt vom schönen Einkaufserlebnis ab. Aber hey, lass es wärmer werden, die Sonne scheinen und die Vögel zwitschern, die Blumen sprießen – dann haben die Leute wieder Lust sich hübsch anzuziehen, etwas für sich zu kaufen, womit sie glücklich sind, sich einen Kaffee draußen zu holen und einfach durchs Viertel zu flanieren. Ich bin da ganz optimistisch und bestens vorbereitet auf den Frühling und Sommer.

Inspirationen und Ordnern geht immer mehr Online

gh: Du hast sehr spezielle Dinge im Laden: Kerzen mit Promis drauf, ausgefallene Schlüsselanhänger, Spice Girls Poster. Wie und wo lässt Du Dich inspirieren?

Messen finden aktuell nicht statt und ehrlich gesagt gehe ich auch in Hamburg nicht mehr auf Messen. Im Anschluss haben alle die gleichen Jacken und Blusen in ihren Läden hängen. Das ist langweilig. Neben festen Lieferanten, zu denen ich in den zehn Jahren gute Beziehungen aufgebaut habe, ist das Internet mein bester Freund. Hier verbringe ich viel Zeit, um neue Marken und Produkte zu finden. Im Netz habe ich auch eine viel bessere Lösung für Messen gefunden, nämlich digitale Ordermessen und Großhändler wie Faire.

Das klingt vielleicht komisch, aber als ich vor rund einem halben Jahr das erste Mal auf der Faire Seite war, hatte ich ein richtiges Kribbeln im Bauch. Wenn ich für etwas brenne oder irgendwas Tolles neues sehe, dann bin ich wie ein kleines Kind zum Geburtstag. Da habe ich auf einmal Sachen gesehen, die ich in all den zehn Jahren noch nicht gesehen habe.

Es macht mir total Spaß, auf der Plattform herumzustöbern und Neues zu entdecken. Ich habe jetzt gerade diese Armbänder hier bekommen mit Edelsteinen, so eine Art Wunscharmbänder. Sowas funktioniert hier supergut.

Weltweit Einkaufen ist mit Plattformen unkompliziert geworden

gh: Gibt es auf der Plattform Tools, die Dir das Einkaufen erleichtern?

Ich habe schon ganz oft auf „Dies könnte dir auch gefallen“ geklickt, das funktioniert wie bei Instagram und Pinterest. Ich liebes es, dass ich weltweit einkaufen kann, momentan bestelle ich viel in Amerika. Man glaubt es nicht, aber das geht so schnell. Mit der Lieferung und von der Kommunikation mit dem Kundenservice bin ich echt begeistert.

Ich habe auch deutsche Labels, bei denen ich schon lange bestelle und die können jetzt auch die ganze Abwicklung über Faire machen. Viele sind kleinere Manufakturen, die es gewohnt sind, in eher geringen Auflagen zu produzieren, deswegen hatte ich auch noch nie Probleme in Sachen Lieferengpass.
Filter wie „von Frauen geführt“ oder „nicht bei Amazon erhältlich“ finde ich gut und besonders – das unterstütze ich gern und kaufe bei entsprechenden Herstellern.

Eine Bloggerin schrieb einmal: ‘Der Krämerladen ist ein Paradies für echte Shopping-Begeisterte und ein Traum für jede Frau, die es “laut” mag!” Ja, ich liebe und lebe das, was ich tue! Und das sollen auch unsere Kund:innen spüren.

gh: Wir kaufen jetzt noch eine „Ich atme ein. Ich raste aus.“-Tasse für unseren Rüdiger Stein-Bendes, der braucht so etwas ganz dringend, und wir bedanken uns herzlich für das Interview.

Krämerladen
Osterstraße 169, 20255 Hamburg Eimsbüttel
Öffnungszeiten: Mo. – Fr. 10:00 – 18:00 Uhr, Sa. 10:00 – 16:00 Uhr
www.kraemerladen-lieferservice.de