Geht doch: Volles Haus dank G2 in Hamburg beim Deutschen Musical Preis 2021

Offizielles Gruppenfoto für des DEUTSCHER MUSICAL THEATER PREIS 2020/21Glanzvolles Abschiedsbild: alle Preisträger, Preispaten und Moderator Thomas Hermanns gemeinsam auf der Bühne. Foto: DMA/TIVOLI/Morris Mac Matzen

Eine schöne Preisverleihung der Deutschen Musical Akademie wie vor der Pandemie im Schmidt’s Tivoli.

Das Beste Musical kommt aus Österreich: die Produktion „The Wave“ (Die Welle) des Landestheaters Linz erhielt außerdem noch vier weitere Pokale. In den Kategorien Beste Komposition und Bestes Buch (Or Matias), Beste Regie (Christoph Drewitz) und Bester Darsteller in einer Hauptrolle (Lukas Sandmann) gingen die begehrten Auszeichnungen ebenfalls an das oberösterreichische Ensemble. Zehn weitere Preise wurden an dem Abend im „Schmidts Tivoli“ von den prominenten Preispaten an die Gewinner überreicht. Der Deutsche Musical Theater Preis ist einer der wichtigsten Bühnenpreise Deutschlands und die einzige Auszeichnung für deutschsprachige Musicals, die von Profis an Profis verliehen wird. Nominiert waren Musical-Produktionen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Landestheater Linz Ensebleme beim auf dem DEUTSCHER MUSICAL THEATER PREIS 2020/21
Die Abräumer aus Oberösterreich: Für ihre Produktion „The Wave (Die Welle)“ schnappte sich das Landestheater Linz gleich fünf Trophäen.
Foto: Cyrh Rhida

Keine Produktion aus Hamburg dabei – aus gutem Grund

Das Bemerkenswerte vorneweg: auf der Gala-Veranstaltung in der deutschen Musical-Hauptstadt war keine einzige Produktion aus Hamburg dabei. Von insgesamt 25 Bewerbungen hatte es ein Musical aus der Hansestadt – „M – EINE STADT SUCHT IHREN MÖRDER“ vom Imperial Theater auch nicht bis zur Nominierung geschafft. Der Grund ist aber einfach zu erklären: in Hamburg konzentriert man sich auf Großproduktionen à la „Wicked“ von Stage Entertainment. Die Fabrikation von einzelnen Theatern überlässt man den anderen deutschen beziehungsweise deutschsprachigen Städten.

Ensemble Stadttheater Fürth auf dem DEUTSCHER MUSICAL THEATER PREIS 2020/21
Die Anreise aus Bayern hatte sich für das Stadttheater Fürth gelohnt. Karolin Konert wurde für ihre Rolle in „Swing Street“ als Beste Darstellerin prämiert. Die mitgereisten Ensemble-Mitglieder freuten sich mit ihr. Foto: Cyrh Rhida

Ernst und unterhaltsam – es funktioniert, The Wave macht es vor

Doch diese mit nicht ganz so riesigen Budgets ausgestatteten Musikdramen haben auch durchaus ihren Reiz. Beispiel: der Abräumer des Abends, „The Wave (Die Welle)“ des Landestheaters Linz. Das Musical beruht auf dem gleichnamigen Buch und dieses wiederum auf ein tatsächlich stattgefundenes Unterrichtsexperiment mit fast fatalem Ausgang. Musicals neigen ja im Allgemeinen auch sonst nicht dazu gesellschaftliche Probleme auszublenden, aber ein so durch und durch ernstes Stück, das sich mit dem Nationalsozialismus und dem Holocaust beschäftigt, findet man sonst kaum. Umso erstaunlicher und lobenswerter, dass der künstlerische Mut der südlichen Nachbarn mit diesen insgesamt 5 Auszeichnungen belohnt wurde.

Diesmal besonders viele Musicals zu sichten gewesen

Die siebenköpfige Jury, bestehend aus Christian Feigel (Kapellmeister der Staatsoperette Dresden), Annette Kremmin (Maskenbildnerin, Stylistin & Ausstatterin), Simone Linhof (Produzentin bei Stage Entertainment), Peter Lund (Regisseur & Autor), Christian Alexander Müller (Sänger, Regisseur & Produzent), Iris Schumacher (Darstellerin & Übersetzerin) sowie Silvia Varelli (Choreografin) hatte diesmal keine leichte Aufgabe, denn es kamen gleich zwei Spielzeiten in die Bewertung. Im vergangenen Jahr war die Preisverleihung pandemie-bedingt ausgefallen, doch wollte man die Produktionen aus der Saison davor nicht unberücksichtigt lassen.

Gruppenbild auf dem DEUTSCHER MUSICAL THEATER PREIS 2020/21
Pianist, Komponist und Arrangeur Roun Zieverink erhielt einen Sonderpreis für seine „Küchen-Konzerte“
, die er im Lockdown täglich organisiert und gestreamt hat. Foto: Cyrh Rhida

Die Preisträger 

Mit dem diesjährigen Ehrenpreis der Akademie wurde die britische Regisseurin, Choreographin und Ballettmeisterin Anna Vaughan (posthum) gewürdigt. In drei Kategorien wurde das Musical „Goethe!“ (Bad Hersfelder Festspiele) ausgezeichnet: Beste Liedtexte (Frank Ramond), Beste Choreographie (Kim Duddy) und Bestes Kostüm- und Maskenbild (Claudio Pohle, Ute Mai, Stephanie Hanf). Das Musical „Himmel und Kölle!“ (apiro entertainment) gewann in zwei Kategorien: Beste Darstellerin in einer Nebenrolle (Vera Bolten) und Bester Darsteller in einer Nebenrolle (Mark Weigel), außerdem noch den Sonderpreis der Jury für die Beste Ensemble-Leistung.

Der Preis für das Beste Musikalische Arrangement ging an Koen Schoots für „Wüstenblume“ (Theater St. Gallen/Schweiz). Die Auszeichnung für die Beste Darstellerin in einer Hauptrolle erhielt Karolin Konert („Swing Street“, Stadttheater Fürth), für das Beste Bühnenbild wurde Michael D. Zimmermann („Die Schattenkaiserin“, Tiroler Landestheater Innsbruck) ausgezeichnet. Der Preis für das Beste Revival, eine in diesem Jahr erstmals vergebene Auszeichnung, ging an „Baby Talk“ (Theater Bielefeld).

Sonderpreise für finanzielle Unterstützung während der Pandemie

In diesem Jahr wurde zudem ein Sonderpreis der Deutschen Musical Akademie ausgesprochen, für Personen, die in der Corona-Pandemie finanziell und ideell andere unterstützt haben. Ausgezeichnet wurden: Frank Blase (Unternehmer und Produzent von „Himmel und Kölle“), für die umfangreiche wirtschaftliche Unterstützung seiner Mitarbeitern, ohne Rentabilitätsmöglichkeit der Produktion, Dominik Donauer (Künstleragentur artinia consulting), der mit einem Hilfsfond in Höhe von 50.000 EUR seine Künstler unterstützt hat, sowie Roun Zieverink (Pianist, Komponist, Arrangeur), für seine „Küchen-Konzerte“, die er im Lockdown täglich organisiert und gestreamt hat.

Der Sonderpreis der Deutschen Musical Akademie als „Auszeichnung besonderer Leistungen in der CoronaPandemie“ wurde überreicht vom Hamburger Kultursenator und Präsidenten des Deutschen Bühnenvereins Dr. Carsten Brosda:

„Endlich wird es wieder bunt: Die Deutschen Musical Theater Preise wurden nach einem Jahr pandemischen Stillschweigens jetzt zum 3dritten Mal im Schmidts Tivoli verliehen. Die Preisverleihung macht deutlich, wie vielfältig und lebendig die Musicals sind. Besondere Zeiten verlangen dabei nach besonderen Preisen. Ich habe mich sehr gefreut, in diesem Jahr gleich drei Sonderpreise an Personen verleihen zu dürfen, die in der Pandemie mit großem Engagement hervorstachen. Sie gaben der Kunst Sichtbarkeit und Künstlern Sicherheit. Ihnen gilt mein besonderer Dank.“

Marco Jung (2. Vorsitzender Deutsche Musical Akademie) erklärte:

„Viele Künstlerinnen und Künstler haben eine schwere Zeit hinter sich. Das Live-Erlebnis im Theater, das ist unser Lebenselixier. Das eine so lange Zeit nicht machen zu dürfen, dazu diese Unsicherheit, wann und ob es überhaupt weiter geht, hat viele schwer getroffen. Dazu kamen dann wirtschaftliche Sorgen, oft auch Existenzängste. In dieser dunklen Zeit haben sich einige Menschen hervorgetan. Mit selbstlosem Einsatz für andere, für die Kunst und für die, die sie zu uns bringen. Diese Personen wollten wir mit einem Sonderpreis der Akademie ehren. All das hat so vielen Menschen Kraft, Hoffnung und einen Rettungsanker gegeben, der so dringend notwendig war. Das fanden wir preiswürdig“.

Gäste auf dem DEUTSCHER MUSICAL THEATER PREIS 2020/21
Zwei Gäste und ein Preispate: Vajèn van den Bosch und Jeannine Michèle Wacker aus dem Musical „Wicked“
mit Rosenstolz-Star Peter Plate. Foto: Cyrh Rhida

Glückliche Gesichter – dank 2G-Regelung auch wieder sichtbar aber an der Technik arbeiten wir noch

Ein glanzvoller Abend schon fast ganz wie „früher“ – also der Zeit vor der Pandemie – mit unterhaltsamen Show Acts aus den nominierten Musicals, prominenten Preispaten wie Gayle Tufts, Peter Plate (Rosenstolz) & Ulf Leo Sommer, Lucy Diakovska (Ex-No Angels), Alexander Klaws, Julia Gámez Martin, Maik Klokow, Vajèn van den Bosch & Jeannine Michèle Wacker (aus dem Musical „Wicked“), und Wolfgang Trepper.

Hamburg scheint mit 2G den richtigen Weg eingeschlagen zu haben, es funktionierte alles. Oder sagen wir mal: fast alles, denn die Bild- und Tonregie des Gala-Abends hatte gewiss keinen Preis verdient. Holprige Einstiege, radikale Schnitte und ein blecherner Sound sorgten bei den Besuchern eher für Amüsement als Information, doch wurden diese Patzer schulterzuckend hingenommen; zu begeistert waren alle von der Möglichkeit, endlich wieder gemeinsam feiern zu können – und das auch noch ohne Gesichtsmasken.
Weitere Informationen: www.deutschemusicalakademie.de

von Cyrh Rhida