Zum 17. Mal insgesamt – zum ersten Mal im Jungen Schauspielhaus Hamburg – wurde der Theaterpreis Hamburg Rolf Mares in Barmbek vergeben.
Im Jungen Schauspielhaus Hamburg (Wiesendamm) wurde der Theaterpreis Hamburg Rolf Mares für herausragende künstlerische Leistungen auf Hamburgs Bühnen verliehen. Die 17. Ausgabe des wichtigsten Theaterpreises der Stadt erfolgte inmitten des hauseigenen Bühnenbildes der Inszenierung „Romeo und Julia“.
Die Preisträger 2022
Die Preisträger von 2022 lauten: Julia Wilms, Jutta Böge, Esther Chahbaznia und Jelena Miletić (Kategorie Maske) für „Tod in Venedig“ am Thalia Theater/Thalia in der Gaußstraße, Claudia Isbarn (Herausragende Darstellung) in „Die Maria und der Mohamed“ am Kleinen Hoftheater, Daniel Hoevels (Herausragende Darstellung) für die Rolle des Michail German in „Revolution“ am Deutschen Schauspielhaus Hamburg, Jascha Schütz (Herausragende Darstellung) für seine vielseitige Rolle als Woyzeck in der gleichnamigen Inszenierung von Björn Kruse am Theater das Zimmer, Ayla Yeginer (Kategorie Regie) mit „Kleiner Mann – was nun?“ nach dem Roman von Hans Fallada im Ohnsorg Studio, John Neumeier mit seiner Choreografie für das Bundesjugendballett mit „Die Unsichtbaren“ im Ernst Deutsch Theater sowie Francoise Hüsges (Sonderpreis) für die Leitung des Monsun Theaters).
Über den Theaterpreis Hamburg Rolf Mares
Mit dem Theaterpreis Hamburg werden seit 2006 jährlich Theaterschaffende für herausragende künstlerische Leistungen ausgezeichnet. Über die gesamte Saison hatte die siebenköpfige Jury (Dr. Inge Volk, Vorsitzende; Jan Peter Gehrckens, Patrick Giese, Christian Hanke, Gunter Mieruch, Maike Schäfer, Elke Westphal) die Neuproduktionen der großen und kleinen Hamburger Spielstätten besucht, um aus der Vielzahl der bemerkenswerten künstlerischen Leistungen eine kleine Auswahl herauszuarbeiten. Zehn Preisträger in sieben Kategorien durften sich in diesem Jahr über die begehrte Auszeichnung freuen. Jeder Preis ist mit 1000 Euro dotiert. Zusätzlich erhalten alle Preisträger einen personalisierten Montblanc-Füller.
Tanz
Der Choreograph John Neumeier erhielt den Preis in der Kategorie Konzeption für „Die Unsichtbaren“ im Ernst Deutsch Theater. Seine Tanzcollage, in der es um Tanz und Tänzer im Deutschland der 1920er und 30er Jahre geht, holt die Verfolgten von damals zurück auf die Bühne: Juden und Jüdinnen, Homosexuelle, Sinti, Roma, Unangepasste – viele von ihnen ermordet, viele von ihnen vergessen, unsichtbar geworden. Der Jury hat beeindruckt „wie Vergangenheit und Gegenwart in einer zwingenden Choreografie in eins greifen können, wie politisch akzentuiert John Neumeier sein Thema mit dem Bundesjugendballett und Schauspielern auf die Bühne des Ernst Deutsch Theaters bringt“, ein „wichtiges, zutiefst bewegendes Zeit-Theater“.
Darstellung
Claudia Isbarn wurde für ihre herausragende Darstellung in „Die Maria und der Mohamed“ am Kleinen Hoftheater ausgezeichnet. Als zunehmend pflegebedürftige Maria wehrt sie sich wortgewandt, bissig und verletzend nicht nur gegen übergriffige Pflegekräfte, sondern zunächst auch gegen den eher zufällig anwesenden syrischen Geflüchteten Mohamed (Harun Yildirim).
Ebenfalls in der Kategorie Herausragende Darstellung wurde Daniel Hoevels für die Rolle des Michail German in „Revolution“ am Deutschen Schauspielhaus Hamburg geehrt. Als junger, blasser und ehrgeiziger Architektur-Dozent, der sich in den 2010ern mit einem mafiösen Geheimbund einlässt, legt Daniel Hoevels in seiner mimisch, gestisch und sprachlich spannungsgeladenen Gestaltung die brisante Mixtur eines unpolitischen Mitläufers mit dem Willen zur Unterwerfung bei gleichzeitiger Verführbarkeit durch Macht offen.
Und noch ein dritter Preis für Herausragende Darstellung wurde in diesem Jahr verliehen. Verdient hat ihn sich Jascha Schütz für seine vielseitige Rolle als Woyzeck in der gleichnamigen Inszenierung von Björn Kruse am Theater das Zimmer. In dem Solo-Stück spielt Jascha Schütz nicht nur den Woyzeck, sondern auch den Hauptmann, der ihn demütigte; den Doktor, der ihn für medizinische Experimente missbrauchte; den Major, der ihm die Frau wegnahm, und Marie, die ihn betrog und die er tötete – und das „absolut glaubhaft und teilweise in schnellem Wechsel“.
Regie & Maske
In der Kategorie Regie konnte Ayla Yeginer mit „Kleiner Mann – was nun?“ nach dem Roman von Hans Fallada im Ohnsorg Studio die Jury überzeugen. Die Regisseurin inszeniert die Geschichte über das Elend der kleinen Leute in der Weltwirtschaftskrise Anfang der 1930er Jahre in einem beeindruckenden Zusammenspiel aus Liebe, Zuversicht und zunehmender Verzweiflung.
Der Preis in der Kategorie Maske ging an Julia Wilms, Jutta Böge, Esther Chahbaznia und Jelena Miletic für „Tod in Venedig“ am Thalia Theater/Thalia in der Gaußstraße. In bis zu 60 Stunden aufwendiger Handarbeit wurden die Perücken geknüpft, die laut Jury der heimliche Star in Bastian Krafts ohnehin schon fantastisch-cineastisch verwobenem Gesamtkunstwerk seien.
Der Sonderpreis
Mit dem Sonderpreis wurde in diesem Jahr Francoise Hüsges für die Leitung des Monsun Theaters geehrt, die „mit unglaublicher Kreativität und Energie und allen Widrigkeiten trotzend die barrierefreie Sanierung des Theaters vorantreibt“. Moderiert wurde die feierliche Preisverleihung von Laura Brust (Theaterpädagogin am Jungen Schauspielhaus) und Klaus Schumacher (Regisseur und Künstlerischer Leiter am Jungen Schauspielhaus). Musikalische und performative Einlagen des hauseigenen Ensembles sorgten für einen abwechslungsreichen Abend für rund 180 geladene Gäste.
von Cetin Yaman