The English Theatre of Hamburg: Ein Hoch auf die Konterbande!

Szenenbild Ben Butler - der RichterThe English Theatre of Hamburg: Ben Butler Foto: The English Theatre of Hamburg / Stefan Kock

Ben Butler – eine „Dramödie“ zur Zeit des amerikanischen Bürgerkriegs im English Theatre of Hamburg. Fazit: ansehen – unbedingt!

„Konterbande“ und „Dramödie“ – das sind gleich zwei Begriffe, die der Klärung bedürfen: „Dramödie“ ist
quasi selbsterklärend eine Mischung aus Drama und Komödie – also ein vom Thema her eher ernstes Stück, in dem auch mal – und das sogar ziemlich oft! – gelacht werden darf. Und „Konterbande“? Laut Lexikon ist es ein altertümlicher Begriff für Schmugglerware, aber das hilft hier nicht wirklich weiter.

Dann gibt es aber noch die spezielle Unterabteilung einer „Kriegskonterbande“, womit die Beschlagnahme kriegswichtiger Utensilien wie Waffen und Munition, aber auch Transport- und Nahrungsmittel etc. aus dem Besitz des Gegners gemeint sind. Was alles noch mit darunter fällt, etwa Kunstobjekte und Wertgegenstände, darüber gibt es keine eindeutigen und verbindlichen Aussagen. Im Zweifelsfall gilt wohl auch hier das bekannte „The winner takes it all“… Ob nun aber auch Menschen – in diesem Fall aus den amerikanischen Südstaaten in den Norden geflüchtete Sklaven – als „kriegswichtige Ware“ gelten und „beschlagnahmt“ werden dürfen, das ist hier im Stück die eigentliche Frage…

Der geflohene Sklave - Szene aus Ben Butler
Der geflohene Sklave Shepard Mallory Foto: The English Theatre of Hamburg / Stefan Kock

Und falls die Antwort ja heißt, wie lautet dann die Begründung?

Und darf darüber sogar gelacht werden? Sogar die Antwort auf die letzte Frage lautet ja, wenn denn ein genialer Autor und Theatermacher wie der US-Amerikaner Richard Strand sich der Sache annimmt. Die eigentliche Handlung des Stücks ist historisch verbürgt, der hohe komödiantische Anteil, der aus den Eigenheiten der vier aufeinandertreffenden Charaktere entsteht, ist mit ziemlicher Sicherheit vor allem der Kunst des Autors zu verdanken.

Ben Butler mit dem geflohenen Sklaven
Shepard Mallory bittet Ben Butler Foto: The English Theatre of Hamburg / Stefan Kock

Die Handlung ist in wenigen Sätzen erzählt: Der einige Zeit zuvor aus politischen Gründen zum
Generalmajor ernannte Anwalt Benjamin Butler aus Massachusetts tritt am Vorabend des amerikanischen
Bürgerkriegs im Mai 1861 seinen Posten als Kommandant von Fort Monroe in Virginia an. Während er
noch seine Sachen – darunter zwei für den Fortgang der Handlung unverzichtbare Flaschen Sherry – auspackt und sich häuslich einrichtet, informiert ihn sein Adjutant Leutnant Kelly, dass ein entflohene Sklave, Shepard Mallory, und zwei weitere Sklaven in dem von der Union gehaltenen Fort Zuflucht gesucht haben und um Schutz bitten. Das amerikanische Bundesgesetz schreibt jedoch vor, dass entlaufene Sklaven an ihre Besitzer zurückzugeben sind. Und schon taucht am Folgetag der Südstaatenoffizier Major Cary im Fort auf und fordert hochnäsig und arrogant die Auslieferung der drei „Neger“.

Südstaatenoffizier verhandelt mit Nordstaatenoffizier
Major Cary mit Ben Butler Foto: The English Theatre of Hamburg / Stefan Kock

Da sind auf einmal Ben Butlers Qualitäten als ein mit allen Wassern gewaschener Anwalt gefordert, um mit juristischen Kniffen und Tricks zwar sämtliche Vorurteile der Militärs gegenüber Advokaten zu bestätigen, aber doch einer „guten Sache“ zum Sieg zu verhelfen. Dass Butler dabei den anmaßenden Südstaatenoffizier gekonnt über den Tisch zieht, indem er ihm die Auslieferung der Sklaven unter der Bedingung anbietet, dass dieser sich bereit erklärt, mit ihm den obligaten Sherry zu trinken, leitet zum komödiantischen Höhepunkt des Stückes über, der hier aber nicht verraten werden soll…

Historischer Fakt ist, dass Ben Butler sich für die Nicht-Auslieferung eine Begründung einfallen lässt, die
später von seiner Regierung übernommen wird und zahlreichen entflohenen Sklaven Leben und Freiheit
schenkt – wenn auch nicht aus ganz so hehren Motiven wie im Theaterstück. Während es auf der Bühne am Ende durchaus „menschelt“, waren die Gründe der damals handelnden Politiker eher ökonomischer als humaner Natur: Man brauchte in der Armee schließlich nicht nur kämpfende Soldaten, sondern auch tüchtige Arbeitskräfte, und dazu eigneten sich ehemalige Sklaven einfach zu gut, um auf sie zu verzichten.

Also durchaus ein „Happy End“, bei dem drei der vier Protagonisten am Schluss beim obligaten Sherry einen „Toast auf die Konterbande“ aussprechen.

Ein weiterer Toast unsererseits geht auf die vier tollen Schauspieler: allen voran die beiden Hauptdarsteller
Jonny Magnanti als Ben Butler und Hayden Mampasi als Shepard Mallory, die sich verbale Duelle auf
Augenhöhe liefern und dabei zunehmend lernen, sich gegenseitig zu achten und zu respektieren. Aber auch Cameron Barclay und Will Middleton als Nord- bzw. Südstaatenoffizier verstärken mit ihren Rollen den komödiantischen Part des Stückes. Und ein letzter Toast geht auf den Sherry, der sich als „running gag“ durch das gesamte Stück zieht und entscheidend mit dazu beiträgt, dass die Sache gut ausgeht…

Beim Fazit schließen wir uns einfach mal dem Kritiker der New York Times an, der nach der Uraufführung am Broadway befand: „Dieses Stück ist ganz einfach zu rezensieren: Nennen Sie es einfach großartig!“