Gelungene komödiantische Parodie eines Grusel-Klassikers

Sir HenryThe Hound of the Baskervilles Sir Henry Foto: ETH/ Stefan Kock

The Hound of the Baskervilles im English Theatre of Hamburg.

Man  könnte „The Hound of the Baskervilles“, den Krimi-Klassiker von Sir Arthur Conan Doyle,  wie üblich als Theaterstück in bewährter Gruselmanier auf die Bühne bringen. Aber das wäre heutzutage, nach früheren, eher werkgetreuen Verfilmungen mit Basil Rathbone und jüngeren, eher extravaganten Neu-Interpretationen mit Benedict Cumberbatch, doch eher langweilig. Die Version von Steven Canny und John Nicholson, die das English Theatre of Hamburg jetzt zeigt, versteht sich als selbstironische Parodie des Doyle-Klassikers, was heißt: Es darf über alles und jeden gelacht werden! Diese Comic-Thriller-Version, von den beiden Autoren verfasst für die britische Theatertruppe „Peepolykus“, feierte 2017 einen großen Erfolg im English Theatre of Frankfurt, wurde danach erfolgreich nach England „re-exportiert“ und ist ab sofort noch bis zum 20. Januar 2024 im English Theatre of Hamburg zu sehen.

Watson und Holmes in The Hound of the Baskervilles
The Hound of the Baskervilles Watson & Holmes Foto: ETH/ Stefan Kock

In dem Kriminalstück von Sir Arthur Conan Doyle geht es um Sir Charles Baskerville, der im nebligen und unheimlichen Dartmoor einem plötzlichen Herztod zum  Opfer fällt – ganz so, wie es ein alter Familienfluch prophezeit. Vermutlich hat der mysteriöse Höllenhund, der im Moor sein Unwesen treibt und sich des öfteren durch furchteinflößendes Geheule bemerkbar macht, wieder zugeschlagen… Nun steht zu befürchten, dass auch der nächste Erbe von Titel und Landsitz, der junge, aus Kanada angereiste Sir Henry Baskerville, dem Fluch zum Opfer fallen könnte… Privatdetektiv Sherlock Holmes, selbst ernannter „Bester seiner Zunft“, und sein etwas tolpatschiger Gehilfe Dr. Watson wollen das drohende Unheil verhindern und das Mysterium des Familienfluchs aufklären. Doch bald merken auch sie: Irgend etwas stimmt nicht in Baskerville Hall… 

Ensemble vom The Hound of the Baskervilles
The Hound of the Baskervilles Ensemble Foto: ETH/ Stefan Kock

Keine stillen Tage im Dartmoor

Moor, Nebel, dunkle Schatten und Gestalten – nichts davon fehlt in der Theater-Adaption des  Grusel-Klassikers. Aber anstatt dass die Spannung die Nerven der Zuschauer strapaziert, geht‘s in dieser Version eher um die Lachmuskeln…  Selbstironisch nimmt sich das Stück mit seinen kultigen Charakteren permanent auf die Schippe, und die eigentliche Story tritt dabei etwas in den Hintergrund. Aber das macht gar nichts, denn im Vordergrund stehen mit Charlie Tripp, Benjamin Press und Katherine Rodden drei erstklassige und äußerst vielseitige Darsteller, denen das Stück keine Minute Pause gönnt. Dabei schlüpft das Trio in insgesamt 18 verschiedene Rollen und streift nicht weniger als 60 Kostümteile über oder ab, wenn es nicht gerade Möbel und Requisiten verschiebt… Denn die mit viel Schwung spielenden Darsteller agieren in einem sich stetig wandelnden Bühnenbild, das mit entsprechender Musikuntermalung und der obligatorischen Nebelmaschine für die zum Thema passende düstere, unheilschwangere Atmosphäre sorgt…

Gender-Besetzung

Ob rasante Kutschfahrten, ein Besuch im Dampfbad oder eine Stippvisite im nächstgelegenen Dorf – der Zuschauer amüsiert sich prächtig und fragt sich am Ende nur, ob der dämonische Höllenhund tatsächlich existierte und wenn ja, wie er denn eigentlich aussah? Aber auch dieses Rätsel wird schlussendlich noch gelöst…!

Als einen besonderen Gag seiner Inszenierung hat Regisseur Paul Glaser es gewagt, die Rolle der beiden Baskervilles, Sir Charles und Sir Henry, weiblich zu besetzen – eine sehr moderne, dem Zeitgeist des Gendersterns Tribut zollende Entscheidung! Konsequent zu Ende gedacht, wirft dies beim Rezensenten allerdings folgende Frage auf: Wenn schon eine gezielte Besetzung gegen gängige Geschlechterrollen erfolgt, warum dann nicht, anstatt der Rolle des eher durchschnittlichen, leicht versnobten Landadeligen die wesentlich interessantere und komplexere Rolle des Sherlock Holmes weiblich besetzen? Eine exzellente Schauspielerin wie Katherine Rodden hätte sicherlich auch diesen Part mit Bravour gemeistert!

The Hound of the Baskervilles wird noch bis zum 20. Januar 2024 gespielt. Alle Vorstellungen – dienstags bis samstags 19.30 Uhr, sonntags 12.30 Uhr, mittwochs oder freitags Matinée 11.30 Uhr Tickets gibt es ab 25 Euro, Studenten erhalten Ermäßigung. Ticketbuchungen: telefonisch unter 040-227 70 89, online unter www.englishtheatre.de