In Hamburg hat es sich ausgefluxt

Plakat für den Radiosender FluxFM Hamburg in einem U-BahnhofFluxFM Plakat im U-Bahnhof Steinstraße gesehen im Januar 2021 © Norbert Schmidt

Das Berliner Radio FluxFM zieht zum 31. Juli den Stecker und stellt sein Hamburger Programm ein.

Radio war einmal ein spannendes Medium. Es hat viele Menschen bewegt und Hits gemacht. Radiomoderatoren waren bekannt und prägten den Musikgeschmack vieler Hörer. Aktionen von Sendern hatten das Zeug Stadtgespräch zu werden. Doch das ist seit einigen Jahren vorbei. Die meisten Privatstationen haben in ihrer Rotation (die Anzahl der gespielten Titel) nicht viel mehr als 800 Songs. Nach ein paar Tagen, kennt man alle Songs eines Senders.

Musik, die man mag bekommt man heute einfacher, besser und in unerreichter Auswahl bei Spotify oder anderen Streamingdiensten. Wer ein Abo abschließt sogar werbefrei. Man schaltet einfach die Radio-Dauerschleife aus. Keine vorgelesenen bunten Zeitungsmeldungen, vorgefertigten Nachrichten vom Zulieferer, Wetter, redundanten Verkehrsmeldungen, abgestandenen Witzen und grenzdebil kichernde sogenannten Sidekicks mehr.

Der Berliner Sender FluxFM (früher einmal MotorFM) wollte es anders machen und setzte auf ein alternatives Programm mit Indie-Musik. Der Anspruch war Plattform und Soundtrack für die Kreativszene Hamburg zu sein. Allerdings zum 31. Juli 2022 wird das Hamburger Programm eingestellt.

Der Hintergrund oder warum FluxFM aufgab

Der Hamburger Radiomarkt gilt unter Marktkennern als lukrativ und interessant. Der unangefochtene Platzhirsch ist zwar seit Jahrzehnten Radio Hamburg. Aber auch als kleinerer Sender kann man schwarze Zahlen schreiben und gute Gewinne machen. Im Jahr 2019 hatte FluxFM eine Ausschreibung für die Hamburger Frequenz UKW 97,1 Mhz (hier sendet das französische Konzernradio Radio Energy) gewonnen.

Das wurde in Radiokreisen durchaus als Überraschung gewertet. Allerdings, danach ging es den Berlinern wie beim Fußball. Denn zuerst hatte man kein Glück und dann kam auch noch Pech dazu.

Radio Energy klagte erfolgreich gegen die Entscheidung der Landesmedienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein. Die Energy-Rechtsanwälte hatten einen Formfehler bei der Lizenzbewerbung entdeckt. Deshalb schied FluxFM aus dem Bewerbungsverfahren aus und hatte keinen Anspruch auf die die Frequenz. Das Dazu kam, die Berliner hatten schon ein Redaktions- und Moderationsteam für Hamburg aufgebaut, Räume angemietet und ein Sendestudio gebaut.

Plakatwerbung zum Sendestart von FluxFM in Hamburg ©FluxFM

Eine Hoffnung tat sich auf, als die Berliner interimsweise die City-Frequenz (UKW 104,0 Mhz) von Radio Hamburg (hier musste vor kurzem der Programmdirektor seinen Hut nehmen) zugewiesen bekamen. Als Eventradio wurde am 14. September 2020 der Sendebetrieb mit dem Start des Reeperbahnfestivals aufgenommen. Die Zuweisung galt bis zum 31. Dezember 2021. 

Natürlich wurde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtes zu Gunsten von Radio Energy geklagt. Das Hamburger Oberverwaltungsgericht (OVG) hat im März 2022 das Urteil des Verwaltungsgerichts bestätigt. Das bedeutete auch das endgültige Aus auf der City-Frequenz bzw. der UKW-Verbreitung.

Die Radiowelt erlebt einen kräftigen Strukturwandel

Die Medien- und Radiowelt hat sich in den letzten Jahren kräftig weiter gedreht. Lineare Medien oder Programme sind durchweg auf dem Rückzug. Selbst der starke lokale Hamburger Werbemarkt ist heftig vom Einzelhandelssterben betroffen. Viel lokaler Werbeumsatz ist ins Internet und in Social Media abgewandert. Der Corona-Lockdown hat dann noch einmal kräftig das Ökosystem des lokalen Werbemarktes erschüttert. Kundengruppen wie Gastronomie, die Leisure-, Event- und Freizeitveranstalte kämpfen ums Überleben und haben kaum noch Geld für Werbung übrig.

Die bittere Folge: FluxFM musste den Stecker ziehen

Die Suche nach Partnern und Supportern um den Programmbetrieb fortzusetzen verlief nach Sender-Darstellung nicht erfolgreich. Mit einer rein digitalen Verbreitung kann man nicht ein moderiertes Programm in einem Lokalmarkt schwerlich stabil und seriös refinanzieren. In der letzten aktuellen Reichweitenauswertung der Landesmedienanstalt wurde FluxFM nicht einzeln ausgewiesen.

Wer weiterhin FluxFM in Hamburg hören möchte, der findet auf der FluxMusic-App von der Musikredaktion sogenannte handkuratierte Programme.

Durchaus offen ist, ob das Aus von FluxFM wirklich einen großen Verlust für Hamburg darstellt. Mit Ahoy Radio hat sich ein Sender im Web mit ähnlicher Zielgruppe und sehr guter Vernetzung in der Kreativ- und Musikszene gegründet. Hier geht man von Anfang an den Weg eines Webradios, das einen deutlich geringeren finanziellen Aufwand bedeutet.