Begeisterndes Klavierkonzert in der Laieszhalle

Markus Altenkamp in der LaeiszhalleMarkus Altenkamp live in der Laeiszhalle im Februar 2023. Foto: Cetin Yaman

Musikalischer Spannungsbogen über 150 Jahre: Markus Altenkamp begeistert mit Barock und Romantik.

Es ist ein ganz spezieller Abend, das merkt man gleich, es liegt in der Luft: der vortragende Künstler hat seit der Pandemie nicht mehr in Hamburg öffentlich gespielt und diese Besonderheit spürt man sogleich an der ersten Komposition. Sie kommt von Bach und ist das Andante C-Dur aus der Violinsonate Nr. 2 in a-Moll. Das Tempo ist gemächlich, aber nicht langsam, und verbreitet dadurch eine majestätische Aura. Dieses erhabene Gefühl spiegelt sich auch in den langsam nach vorne und wieder zurück wiegenden Körperbewegungen von Markus Altenkamp wider, der Pianist ist förmlich durchdrungen von den Tönen.

In diesen Momenten könnte man gut den Text aus einem anderen musikalischen Genre dafür als Überschrift nehmen: „das geht ganz tief rein“ heißt es bei Pop-Sänger Udo Lindenberg an einer Stelle und genau das scheint bei Altenkamp auch gerade der Fall zu sein. Ganz große Gefühle sind zu hören und zu sehen, aber der Star-Pianist bleibt gefasst und nutzt dabei auch das volle Klangvermögen seines exklusiven Instruments, einen Shigeru Kawai-Flügel, aus.

Nach diesem gekonnt ausgesuchten Start ist das Präludium in e-Moll, ebenfalls von Bach, die ideale Fortführung des Konzerts. Das Tempo zieht nun an, aber es geht nicht auf Kosten des Klanggenusses. Am Ende der Bach-Trilogie wird beim Italienischen Konzert der Zuhörer eine der Stärken des Barsbüttelers bewusst: Altenkamp hat immer die gesamte Komposition im Blick, die einzelnen Töne ordnen sich von Anfang bis Ende dem gesamten Werk unter und bilden ein musikalisch harmonisches Ganzes.

Der Pianist Markus Altenkamp in der Laeiszhalle steht am Flügel
Markus Altenkamp live in der Laeiszhalle im Februar 2023. Foto: Cetin Yaman

Bei klassischer Musik gibt es in Sachen Tempo immer einen gewissen Spielraum, da es ja nur die geschriebenen Vorgaben der Komponisten und keine Tonkonserven gibt, die exakt seine Vorstellungen der Geschwindigkeit definieren würden. Und wenn ein Komponist zum Beispiel „allegro“ („schnell“) notiert, dann haben nicht alle die gleiche Vorstellung davon, wie schnell es sein soll. Altenkamp entscheidet sich in diesem Fall für ein flottes Midtempo und liegt damit genau richtig, auch das Publikum ist inzwischen bereit dafür. Vor der Pause gibt es noch einen Sprung in die Romantik mit den Variations sérieuses op. 54 von Mendelssohn-Bartholdy, ein musikalisches Werk, das starke Assoziationen an Beethoven weckt. Große Stimmungs- und Temposchwankungen bestimmen dieses Stück und nur jemand wie Markus Altenkamp mit solch einem ausgeprägten Spielvermögen kann das meistern – was er auch zur Begeisterung des Publikums schafft.

Nach dem Break geht es mit Scarlatti wieder zurück in die Barockzeit, doch Altenkamp verweist mit seinem verträumten, weichen Spiel schon auf die übernächste Epoche, die das zweite musikalische Thema des Abends bildet: die Romantik. „Dahinter steckt tatsächlich meine intensive Beschäftigung mit Scarlatti, der als Barockkomponist die Romantik in vielen seiner Sonaten hinsichtlich romantischer Klangsphären, virtuoser Spieltechnik und Harmonik vorwegnimmt. Die unterschiedlichsten Kombinationen von Barock und Romantik öffnen in Konzerten immer wieder die Ohren und Herzen des Publikums. Was könnte es Schöneres geben als Ohren und damit Herzen zu öffnen?“, so Altenkamp zu seiner ausgewählten Reihenfolge für das Konzert in der Laeiszhalle.

Die Romantik wird dann auch mit Rachmaninow, einem russischen Neo-Romantiker, als nächstes erreicht. Altenkamp verzichtet dabei auf das ganz große Drama, das man von anderen Rachmaninow-Interpreten kennt und bietet stattdessen eine etwas softere Version, die sich als Übergang von Scarlatti sehr gut in den Flow des Abends anpasst. Skrjabins Werke sind, das weiß jeder, der sich schon mal am Klavierspielen versucht hat, die oberste Liga der Piano-Kunst und Altenkamp erweist sich diesen Ansprüchen gewachsen. Zum Abschluss wird es nochmal ausladend romantisch mit einer Komposition des Musiklehrers von Horowitz, Felix Blumfeld. Als Zugabe gibt es dann mit Glinka und seinem „La Separation“ noch ein exzellentes Beispiel von russischer Klassik – und natürlich ebenso exzellent vorgetragen.

Ein perfektes Trio: Flügel, Konzertsaal und Künstler

Am starken, nicht enden wollenden Applaus ließ sich am Ende leicht erkennen, wie treffend die Musikauswahl von Markus Altenkamp für den Abend gewesen ist. Auch das Fachpublikum schloss sich diesem lobenden Urteil an, so sagte Anne-Sophie Desrez, Markenbotschafterin von Shigeru Kawai:

„Ich war sehr zufrieden von der Aufführung. Besonders hervorheben möchte ich, dass die Musik von Rachmaninow eine gewisse Reife verlangt, sowohl emotional als auch physisch. Diese Eigenschaften besitzt Markus Altenkamp, wie man heute Abend deutlich hören konnte“.

Der Künstler selber wiederum zeigte sich begeistert von seinem Instrument:

„Für einen Saal mit einer Kapazität von rund 600 Plätzen ist der Shigeru Kawai SK-6 absolut ideal. Der SK-6 gibt dem Pianisten stets das Gefühl, die Kontrolle über den Klang zu behalten. Der Klang lässt sich extrem vielschichtig gestalten, fast plastisch. Nie hat man das Gefühl, Stimmen oder Klangebenen verlieren zu können, wie etwa bei Flügeln mit schwachen Mittellagen. Und: der SK-6 ist äußerst vielseitig. Von der zartesten Kantilene bis zu Oktavpassagen im dreifachen Forte gibt er alle Möglichkeiten. Man kann auf dem Shigeru fast ‘flüstern’, und trotzdem bleibt die ‘Sprache’ klar und deutlich“,

Der Shigeru Kawai SK-6 Flügel

Das Kompliment an das Instrument gab die Shigeru Kawai-Botschafterin gern zurück:

„Es ist nicht allein die ‘Brillanz des Shigeru Kawai-Flügels’, sondern natürlich auch die Brillanz des Pianisten Markus Altenkamp, der das Instrument und seine schillernden  Möglichkeiten voll ausgeschöpft hat. Der Virtuose Markus Altenkamp hat ein wunderschönes Solo-Recital in der Laeiszhalle Hamburg präsentiert“,

so Anne-Sophie Desrez.
Anne-Sophie Desrez mit Markus Altenkamp am Flügel
Ausnahmsweise mal Blumen für den Herrn und nicht die Dame: aber der Pianist Markus Altenkamp hatte sich diese florale Würdigung mit seinem gelungenen Konzert auch sehr verdient. Hier mit der Shigeru Kawai Markenbotschafterin Anne-Sophie Desrez Foto: Cetin Yaman

Nach dem Konzert wurde der Künstler mit Foto-Anfragen überhäuft. Offensichtlich waren auch viele Besucher aus dem Wohnort von Altenkamp, dem schleswig-holsteinischen Barsbüttel in der Metropolregion Hamburg, in die Laeiszhalle gekommen. Auf die Frage, ob dies für den sonst mehr international auftretenden Pianisten ein Heimspiel gewesen ist, antwortete er:

„Heimspiel? Das haben Sie treffend beobachtet. Da wir mit vielen Musikern bekannt sind, waren auch sehr viele Musiker im Publikum. Sie kommen eindeutig wegen der Musik, wegen des Klavierspiels. Die Besucher entdecken in meinen Konzerten oft ihre persönlichen Lieblingskomponisten und kommen in erster Linie immer wieder gern wegen der Musik. Einige motiviert es bestimmt zusätzlich, wenn sie den Pianisten auch noch persönlich kennen.
Im Publikum waren zum Beispiel Geigenschüler meiner Frau Nele Altenkamp, junge Talente, die immer wieder bei Konzertauftritten oder Wettbewerben von mir am Klavier begleitet werden. Weitere Konzertbesucher kannten mich bereits von anderen Aufführungen, etwa in der Alten Druckerei Ottensen, und sie sind auch wiedergekommen. Der Kreis erweitert sich ständig, weil die Besucher jedes Mal neue Musikfreunde mitbringen“.

Der Pianist Markus Altenkamp ist einer der Künstler in der Reihe „Die besten Musiker aus der Alten Druckerei Ottensen“, das der Musikwissenschaftler Prof. Dr. Herbert Bruhn zur Förderung von internationalen Spitzenmusikern

von Cetin Yaman