Hamburg Royal übertreibt es mit dem Lokalpatriotismus

Das St. Pauli Theater Hamburg ReeperbahnDas St. Pauli Theater Hamburg Foto: ganz-hamburg.de

Das Musical Hamburg Royal – die Hansestadt in der Touristenversion im St. Pauli Theater

von Cetin Yaman
Ein Musical über Hamburg, das bot sich mit der Zeit einfach an. Schließlich ist die Hansestadt zum einen die Musical-Metropole in Deutschland schlechthin und zum anderen nach einhelliger Meinung ein schöner Anblick. Nun ist seit Neuestem „Hamburg Royal“ im St. Pauli Theater zu sehen und damit auch ja keine Missverständnisse auftauchen, um was es dabei geht, steht im Untertitel „Das Hamburg-Musical“. Und genau damit ist auch schon das Problem der Aufführung angerissen: zwei fünf Wörtern des Titels bestehen aus „Hamburg“. Das Stück setzt diesen Overkill nahtlos weiter, beinahe kein Satz in den über zwei Stunden kommt ohne den Namen der zweitgrößten deutschen Stadt aus. Lokalpatriotismus ist in Ordnung, aber letztendlich kommt es auf die Mischung an. Wenn jeder Handlungsstrang, jeder Charakter, jeder Witz sich nur auf Hamburg bezieht, passt irgendwann die Mischung nicht mehr.

Hamburg Royal – die Handlung

Zentrum der Handlung ist ein Fischlokal, in dem sich die Wichtigen und Reichen der Stadt treffen. Doch auch dieses Traditionsrestaurant ist den Strömungen des Zeitgeists unterworfen und muss sich neu definieren, wenn es eine Zukunft haben will. Matjesfilets mit Pellkartoffeln wie bisher reicht nicht, es muss schon mindestens eine Variation mit Sushi her. Ein junger, dynamischer Geschäftsführer mit dem allzu passenden Namen Hansen (Darsteller: Serkan Kaya) soll dem Laden neuen Pfiff geben. Der verliebt sich als erstes in Natalie (Anneke Schwabe), der Tochter des Inhabers, und plant seine Hochzeit in den Räumen des Fischrestaurants für den nächsten Tag.

Bis es soweit ist, geht es allerdings noch drunter und drüber. Eine Anti-Olympia-Demo taucht aus dem Nichts auf und die Teilnehmer, vornehmlich Punks, rebellieren auf den Tischen. Auch der geplante neue russische Investor sorgt für einige Irritationen. Doch dieser erweist sich als Glücksfall für „Hamburg Royal“: Holger Dexne als Juri Karamasow ist der heimliche Star des Abends und kann mit seiner Darstellung, aber noch mehr mit seinen gesanglichen Einlagen à la „Kalinka“, am meisten punkten. Ob dies vielleicht der Hamburg-Müdigkeit nach 100.000 Hamburg-Erwähnungen bis dato zu verdanken ist, sei dahingestellt, jedenfalls ist er mit Abstand die witzigste Figur in dem Stück. Dieser ist eigentlich ebenfalls ins Comic-hafte überzeichnet, wirkt aber dennoch frisch und am überzeugendsten. Nicht zufällig wird bei den musikalischen Vorträgen des Bühnen-Russen am meisten geklatscht. Überhaupt ist das sechsköpfige Live-Musik-Ensemble bestens aufgelegt an dem Abend, die Kompositionen drehen sich meistens – wie könnte es anders sein – um Hamburg oder stammen von Hamburger Künstlern. Von Heidi Kabel über Udo Lindenberg bis Jan Delay ist alles dabei, was Hamburg erfolgreich im Rest der Republik vertritt.

Wenig überzeugend ist die Stelle, in der drei Küchenhilfen ein Loblied auf die Hansestadt anstimmen. Hamburg ist wie anfangs gesagt eine tolle Stadt, da müssen nicht unbedingt ehemalige Flüchtlinge wie aufgezwungen wirkende Texte intonieren. Die Handlung nimmt eine Wende, allerdings auch eine, die sich lange vorher abzeichnet und insofern jeglichen Überraschungseffekt vermissen lässt. Steffi, die Oberkellnerin des Lokals, entpuppt sich nämlich als hanseatisches Aschenputtel und wirft alle Pläne des Neu-Hanseaten Hansen über den Haufen.

Insgesamt ist es ein unterhaltsames Musical, und wenn man nicht zu viel des Guten an Heimatliebe hineingegeben hätte, wäre es sogar ein ziemlich gutes geworden.

Weitere Vorstellungen von „Hamburg Royal“ sind noch bis 7. November im St. Pauli Theater, Spielbudenplatz (S Reeperbahn) zu sehen. Karten von 18,90 bis 65,90 Euro.