Die zwei Leben des Rudi Kargus – ein Künstler mit Vergangenheit als Fußballprofi

Bild von Rudi KargusRudi Kargus Roots 90x115 cm (c) Rudi Kargus Foto Carsten Dammann

„Ich ist ein anderer“ – Ausstellung im Kunsthaus Stade noch bis zum 11. September / „Artist Talk“ im Museum am Samstag, dem 27. August um 19 Uhr   

Über Rudi Kargus, der am 15. August 2022 seinen 70. Geburtstag feiern konnte, ist in der Presse schon viel geschrieben worden. Vom „Elfmeter-Töter mit dem Pinsel“ war die Rede und vom HSV-Torwart, der jetzt Bilder malt…

Der Schwerpunkt dieser Berichte liegt dabei fast ausnahmslos auf der zweifellos beeindruckenden Karriere als Fußball-Profi, speziell den Jahren als Torwart beim HSV, mit dem Kargus 1976 Pokalsieger wurde, 1977 den Europapokal gewann und 1979 Deutscher Meister wurde. Das „zweite Leben“ des Rudi Kargus als bildender Künstler wird zumeist mit einem oder zwei Sätzen abgehandelt, was daran liegen mag, dass die meisten dieser Schreiberlinge Sportjournalisten sind.

Doch wie gewichtet es der Betroffene selbst? Im Internet hat Rudi Kargus seine tabellarische Biographie veröffentlicht: Diese umfasst zahlreiche Einträge, wovon die meisten sich mit seinen Ausstellungen  befassen. Über seine immerhin 18-jährige Karriere als Torhüter-Legende steht dort lediglich ein kurzer Satz: „1971 – 1989 Profifußballspieler beim Hamburger SV und anderen Vereinen.“

Rudi Kargus blickt nach vorn und schwelgt nicht nostalgisch in der Vergangenheit

Während für viele andere ehemalige Fußballprofis ihre aktiven und ruhmreichen Jahre „goldene Zeiten“ waren, von deren Glanz sie bis ans Ende ihrer Tage zehren, bedenkt Rudi Kargus diese Zeit mit nicht mehr als einem dürren Satz… Sein „zweites Leben“ als Künstler ist für ihn das wahre Leben, in dem er endlich ganz zu sich selbst fand – die Fußball-Jahre waren dafür so etwas wie ein Vorspiel… Je mehr Distanz Kargus zur Welt des Profifußballs gewann, desto mehr hat er diese als „überkommerzialisierte Scheinwelt“ kritisiert. Zwar habe er die damalige Zeit der Berühmtheit auch genossen, aber es sei doch eher wie in einer Plastikwelt gewesen, in der man von der Realität vieles gar nicht mitkriegt.

Immerhin dienen die „geistigen Ablagerungen“ seiner langjährigen Sportlerkarriere dem Künstler jetzt als Inspiration – sie werden von ihm sozusagen „abgearbeitet“ in kraftvollen, expressiven Bildern – mal hell und farbenfroh, mal düster  und melancholisch.  Begonnen hat das „zweite Leben“ des Rudi Kargus Mitte der 1990er Jahre auf Fuerteventura, wo ihn während eines Urlaubs ein spanischer Maler zu eigenem Schaffen inspirierte. Dabei blieb er keineswegs Autodidakt: Intensiv studierte er das Werk des Malers Francis Bacon und ging beim deutschen „Malerfürsten“ Markus Lüpertz in die Lehre. Dessen neo-expressionistischer Stil kam Kargus entgegen, denn auch sein Werk trägt sowohl gegenständliche, als auch abstrakten Züge.

Viele Ausstellungen

Trotz zahlreicher Ausstellungen seit dem Jahr 2005 und bei aller Anerkennung ist der Maler Rudi Kargus im gegenwärtigen Kunstbetrieb, in dem das Schubladendenken oftmals zum guten Ton gehört, noch viel zu wenig beachtet. Seine Arbeiten spiegeln den malerischen Prozess: kräftige Pinselstriche, fließende Formen und zerrinnende Farben bilden häufig abstrakte Landschaften, in denen sich auflösende Figuren sichtbar werden, die für Kargus eine Versinnbildlichung des Lebens sind – so wie jeder Mensch inmitten seines Umfeldes nach  einem Platz für sich suche, sich in seiner Umwelt bewege und mit ihr teilweise Eins werde. Kargus wählt für seine Ölgemälde fast immer große Formate. Für die Betrachtenden bilden sie ein Gegenüber auf Augenhöhe, gleichzeitig wird dadurch aber auch Distanz gewahrt.

Geboren wurde Rudi Kargus in Worms, heute lebt und arbeitet er in der Nähe von Hamburg. Seit knapp 20 Jahren widmet er sich ganz der Malerei – sie ist ihm zur neuen Berufung geworden. Doch auch die vorangegangene, fast identisch lange Karriere als Profi-Fußballer findet auf vielfältige Weise Einzug in seine Bilder.

Mehr als 40 faszinierende Arbeiten aus den letzten zehn Jahren sind in der Ausstellung im Kunsthaus Stade noch bis zum 11. September 2022 zu  sehen. Einen „Artist Talk“ mit Rudi Kargus gibt es am Samstag, dem 27. August ab 19 Uhr, alle weiteren Infos finden sich auf www.museen-stade.de

Rudi Kargus: Ich ist ein anderer – Kunsthaus Stade

Wo: Wasser West 7, 21682 Stade

Öffnungszeiten: Di, Do, Fr 10 bis 17 Uhr, Mi 10 bis 19 Uhr, Sa, So 10 bis 18 Uhr.
Für Führungen und Veranstaltungen wird Anmeldung erbeten unter Telefon 04141-797 73 50

Tipp: Nach Stade fährt vom Hamburger Hauptbahnhof am besten und schnellsten die Regionalbahn in Richtung Cuxhaven, in der bis Ende August noch das 9 Euro Ticket gilt. Die Veloroute von Hamburg nach Stade ist leider noch im Planungsstadium.