Was haben Hans Albers und Mike Tyson gemeinsam?

Atelier von Der Maler Holger Mühlbauer-Gardemin mit BildernDas schöne, große Atelier des Künstlers in der Speicherstadt in Wilhelmshaven. Foto: privat (hfr)

Beide wurden von Holger Mühlbauer-Gardemin kunstvoll gemalt

Den Begriff Digitale Kunst gibt es schon seit den frühen 1980er Jahren, als Computer-Ingenieure ein Malprogramm entwickelten, das von dem bahnbrechenden Digitalkünstler Harold Cohen verwendet wurde. Dies wurde als AARON bekannt, eine Robotermaschine, die entwickelt wurde, um große Zeichnungen auf Papierbögen anzufertigen, die auf dem Boden liegen. Seitdem hat sich in dieser Richtung eine Menge getan.

Digitale Kunst kann inzwischen teilweise oder komplett computergeneriert, gescannt oder selber mit einem Tablet und einer Maus gezeichnet werden. In letzter Zeit sind einige digitale Kunstwerke sogar interaktiv geworden, was dem Publikum eine gewisse Kontrolle über das endgültige Bild ermöglicht. Trotz dieser jahrzehntelangen Historie und einigen erstaunlichen Erfolgen auf dem Kunstmarkt ausgestattet, treffen Künstler, die mit digitaler Technik ihre Kunstwerke erschaffen, gelegentlich noch auf Misstrauen. Verständlich, dass sie dann selbst bei Fragen, die darauf anspielen, höchst sensibel reagieren. Der Verfasser dieses Artikels durfte dies am eigenen Leib erfahren („Das ist die Denkweise von vorgestern!“), ansonsten verlief das Gespräch mit dem norddeutschen Künstler Holger Mühlbauer-Gardemin jedoch friedlich und hochspannend.

Holger Mühlbauer-Gardemin in Hamburg im Hintergrund der Fernsehturm
Der Künstler Holger-Mühlbauer ist auch häufig in Hamburg zu Gast. Die Hansestadt schätzt er sehr als Inspirationsquelle. Foto: privat (hfr)

ganz-hamburg.de im Gespräch mit Holger Mühlbauer-Gardemin

ganz-hamburg.de: Holger, man kann deine Kunst grob in die Sparte Pop Art einordnen. Diese hat ja in den vergangenen Jahrzehnten einen wahren Boom erlebt. Ist das immer noch so? Wie spürst du das als Künstler? Bekommst du jede Woche neue Aufträge eine Person im Pop Art-Stil auf die Leinwand zu bringen oder wie muss ich mir das vorstellen?

Holger Mühlbauer-Gardemin: Ich habe mit verschiedensten Motiven (Stadtlandschaften, Portraits, Maritimes etc.) angefangen, unter anderem auch mit dem Pop Art Style. Mittlerweile habe ich auch viele andere Stilarten im Repertoire, von Expressionismus bis hin zum Foto-Design. Immer eine Stilart bis zum Exzess zu verfolgen, ist mir zu öde. Ich brauche die Abwechslung um mich künstlerisch auszudrücken.

gh: Wenn man es genau nimmt, gibt es Pop Art schon über 60 Jahre. Das ist für die Moderne eine lange Überlebenszeit für eine Kunstrichtung. Dies klappte aber auch nur,  weil sich etliche Unterarten daraus entwickelt haben. Wie würdest du selber deine spezifische Richtung der Pop Art beschreiben wollen?

HM-G: Nun, ich arbeite im Bereich der Pop Art nicht wie alle mit klar abgegrenzten Farben und Konturen, sondern habe auch fließende Übergänge in den Bildern, aber trotzdem mit Vielfarbigkeit. Ich bin mir auch gar nicht mehr sicher, ob meine Kunst der Pop Art noch zugeordnet werden kann oder ob es mittlerweile doch was Eigenständiges ist.

gh: Unter deinen Motiven sind auch immer wieder Musiker wie die Rolling Stones zu finden. Sind das Auftragsarbeiten oder malst du die weil du sie selber so toll findest?

HM-G: Das ist der Tatsache geschuldet, da ich selber seit Anfang der 80er Jahre (mit Unterbrechungen) Musik mache, einen starken Bezug dazu habe und die Stones natürlich extrem starke Charaktere darstellen, die einen praktisch zum Malen einladen.

Bild mit Hans Albers
Als er starb, nahm die Pop Art-Kunstrichtung so langsam an Fahrt auf: Hans Albers. Die Hamburger Kult-Figur wurde nun jüngst vom Künstler Holger Mühlbauer-Gardemin genau in diesem Stil auf der Leinwand verewigt. Foto: privat (hfr)

gh: Etwas heraus sticht ein Porträt von Hans Albers. Wie ist deine Beziehung zu Hamburg? Bist du ein Albers-Fan?

HM-G: Hans ist eine Symbolfigur der Stadt, er musste von mir einmal gemalt werden. Hamburg ist für mich eine der schönsten Städte und für kreative Menschen natürlich das Mekka schlechthin. Meine Frau ist Hamburgerin, wir haben hier einen Wohnsitz und sind so oft wie möglich vor Ort.

Bild mit Mike Tyson
So wurde der Ex-Boxweltmeister vermutlich noch nicht dargestellt: Mike Tyson schlägt zu – à l a Pop Art. Foto: privat (hfr)

Digitale oder analoge Kunst?

gh: Man kann ja heutzutage dank digitaler Möglichkeiten kreative Arbeiten auch in relativ kurzer Zeit erstellen. Nun herrscht aber bei vielen Menschen noch das Vorurteil, dass Kunstwerke lange in einem Künstler gegärt haben müssen, bevor sie der Welt präsentiert werden können. Und du hingegen hast ja teilweise einen schon fast schon industriellen Ausstoß an Arbeiten. Auf deinen Social Media-Accounts kann man fast jeden Tag neue Werke von dir bewundern. Kommt dir da manchmal in dieser Hinsicht Skepsis entgegen?

HM-G: Ich war in meinen Arbeitszyklen schon immer schnell, egal ob „traditionell“ oder digital. Nein, Skepsis habe ich nie erlebt, das gibt es heutzutage nicht mehr, wir leben im digitalen Zeitalter und die Kunst hat mittlerweile (siehe NFT-Kunst) den digitalen Raum erobert. Ich arbeite meistens im Mixed-Media Stil und vereine die „analoge“ Malerei mit der digitalen. Das heißt, ich arbeite ganz traditionell im Atelier an meinen Bildern. Meine Arbeitsweise ist analog, digital, analog, in dieser Reihenfolge.

abstraktes Bild von Holger Mühlbauer-Gardemin
Abstrakter Expressionismus gehört ebenfalls zur Palette. Foto: privat (hfr)

gh: Viele deiner künstlerischen Arbeiten sind auf digitaler Technik aufgebaut, wie du gerade erläutert hast. Nun gibt es ja einige, die zählen diese Art der Kreativität nicht zur „richtigen Kunst“, sondern eher zu so etwas wie „digitale Dekoration“, also mehr oder weniger Kunsthandwerk. Wie antwortest du darauf?

HM-G: Das ist die Denkweise von vorgestern und nicht mehr zeitgemäß! Ich selber bin dafür das beste Beispiel, mittlerweile verkaufe ich international und bin in renommierten Sammlungen vertreten. Schon in den 50er Jahren haben Maler ihre Motive mit Hilfe von Tageslichtprojektoren auf ihren Leinwänden vorgezeichnet. Selbst David Hockney greift heute zum iPad, also zum digitalen Pinsel! Ich male aber auch „analog“ sowie auch nur „digital“, aber meistens ist es ein Mix von beidem.

Zeitenwende Bild von Holter Mühlbauer-Gardemin
Ein Werk von Holger Mühlbauer-Gardemin aus diesem Jahr: “Zeitenwende”. Foto: privat (hfr)

Abschied vom deutschen Schubladendenken

gh: Wie stellst du etwas, das normalerweise als Design betrachtet wird, in einen Kunstkontext? Also produzierst/kreierst es so, dass es als Kunstwerk akzeptiert wird?

HM-G: Da kommt wieder das deutsche Schubladendenken zum Tragen – von internationalen Galerien oder Sammlern bin ich das noch nie gefragt worden… Ob Grafik-Design oder Malerei, beides sind kreative, künstlerische Vorgänge, entstehen im Geist und werden dann zu Papier, Leinwand, Bildschirm oder whatever gebracht. Die Trennung dieser kreativen Gedanken und Umsetzungen lehne ich ab, da es die gleichen Prozesse sind.

gh: Wann wird deiner Meinung nach ein Kunstwerk wichtig? Benötigst du Bestätigung von außen oder ist es etwas explizit Persönliches?

HM-G: Es kommt darauf an, wenn man eine Botschaft damit senden möchte, kann ein Werk wichtig sein, zum Beispiel ein Zeitgeschehen dokumentieren und so weiter. Persönlich ist es immer, es sei denn es ist eine Auftragsmalerei.

Bild von den Rolling Stones
Spätestens am locker-swingenden Gang zu erkennen: die Rock’n’Roll-Legenden der Rolling Stones. Foto: privat (hfr)

gh: Wie gehst du dabei vor, wenn du eine Idee für ein Kunstwerk hast? Was sind die einzelnen Schritte? Wie wird aus deiner Imagination ein physisches Stück Kunst?

HM-G: Das sind unterschiedlichste Inspirationen, wie zum Beispiel ein guter Film, ein Ereignis, ein Augenblick, ein Traum und – um alle Klischees zu erfüllen -, auch unter der Dusche!

gh: Pablo Picasso hat einmal gesagt: „Der Hauptfeind der Kreativität ist der gute Geschmack“. Würdest du dem zustimmen?

HM-G: Nein, das traf vielleicht in seinem Zeitalter zu, heutzutage ist Geschmack so vielfältig, da kann man nicht mehr vom guten oder schlechten Geschmack sprechen, da er sowieso immer individuell ist!

Bild von Holger Mühlbauer-Gardemin
Auch Foto-Design gehört zu den Art Styles, in denen Mühlbauer-Gardemin unterwegs ist. Foto: privat (hfr)

gh: Was ist für dich guter Geschmack?

HM-G: Individualität.

gh: Hast du auch Kunst von dir selbst in deiner Wohnung an den Wänden hängen?

HM-G: Ja, unter anderem von mir selbst, aber auch von anderen Künstlern wie zum Beispiel Horst Janssen, Dali und vielen anderen.

Bild von Holger Mühlbauer-Gardemin
Ein ziemlich poppiger Astronaut. Foto: privat (hfr)

gh: Könntest du ohne Kunst leben?

HM-G: Das kann ich mir nicht vorstellen, weil ich auch nicht so denke wie zum Beispiel ein Zahlenmensch. Davon habe ich einige kennengelernt, die haben auch Ihre Stärken, aber es ist nicht meine Welt, ich werde wohl immer Künstler sein und in Farben und Formen denken, wie man auf meiner Website fotopopart.de sehen kann.

gh: Wie sieht dein Künstlerleben im Moment für dich aus?

HM-G: Ich arbeite in einem 200 Quadratmeter großen Atelier in Wilhelmshaven, ein Gebäude aus der Kaiserzeit mit viel Charme und Esprit. Mittlerweile bin ich in drei deutschen, (2x Hamburg, 1x Dresden), einer italienischen (Bozen) und einer französischen (Paris) Galerie vertreten und bin mit dem Pieter Teyler van der Hulst Museum in Haarlem in den Niederlanden in Verhandlungen für eine Dauerausstellung. Meine Großmutter ist eine geborene van der Hulst; sie ist die Ur-Ur-Ur-…Enkelin von Pieter Teyler van der Hulst und das war der Aufhänger für den Kontakt dorthin.

Hans Peter Korff mit Holger Mühlbauer-Gardemin und Schauspielerin Christiane Leuchtmann
Vor fünf Jahren feierte der bekannte Schauspieler Hans Peter Korff seinen 75. Geburtstag. Zu diesem Anlass schuf Holger Mühlbauer-Gardemin ein Bild von ihm und seiner Frau, der Schauspielerin Christiane Leuchtmann. Foto: Cetin Yaman

gh: Zu welchen Menschen im Allgemeinen/Künstlern schaust du auf?

HM-G: Aufschauen ist zu viel gesagt. Menschen, die ihr eigenes Ding machen, ob erfolgreich oder nicht, die nicht immer nur mit dem Strom schwimmen, finde ich interessant. Als Künstler finde ich Banksy interessant, weil er auf seine ganz eigene Art auf Missstände in Gesellschaften aufmerksam macht. Auch diverse andere Streetart-Künstler finde ich sehr gut.

gh: Viele unbekannte Künstler sagen, dass Kunst für sich alleine stehen kann und kein Publikum braucht. Würdest du dem zustimmen oder sind das nur sehr bemühte Rechtfertigungen für deren Scheitern?

HM-G: Ich male auch Bilder, die ich nicht veröffentliche, nur für mich, um mich weiterzubilden und zu lernen, das ist ein immer währender Prozess und dadurch wird es für mich nie langweilig. Ich male schon seit meinem dritten Lebensjahr, es ist mittlerweile meine DNA geworden.

gh: Und was ist dein Ziel als Künstler?

HM-G: Meine Kunst weiter zu verbreiten um ein möglichst großes Publikum emotional zu berühren!

Das ist Holger Mühlbauer-Gardemin:

In Wilhelmshaven geboren (Nordseeküste, Friesland) und von Kindesbeinen an kreativ im Bereich Design und Kunst. Ausbildung zum Grafik Designer Studium in der Akademie Bremen für Grafik und digitale Kunst. Mühlbauer-Gardemin war schon für verschiedene Werbeagenturen, Druckereien und Verlage tätig. Seit 1996 mit eigener Design-Agentur Atelier im ehemaligen Kaiserlichen Marine Bekleidungsamt anno 1911 in Wilhelmshaven selbstständig.

Eine Auswahl seiner Ausstellungen: 2015 Ausstellung in der Hauptstelle Sparkasse Wilhelmshaven (Kunstgang), FOTOPOPART 2016 Ausstellung in der Galerie Pashmin Art (Hamburg), Malerei trifft Fotografie 2017 Ausstellung in der Kunstgalerie Morandell in Bozen/Italien, 2017 Ausstellung in der Galerie Elitzer, Saarbrücken, älteste Galerie im Südwesten Deutschlands (1851), 2017 Ausstellung in der Gallery64 in Bremen, 2017 HANNOVER ART SHOW in Hannover im Sofa Loft, 2018 BKW – Bützflether Kunstwochenende, Festung Grauerort – Stade – Norddeutschen Kunst, „POPKISS”, in Schleswig, ausgerichtet.

von Cetin Yaman