PIANISTEN I – 88 Tasten und unendlich viele Farben

Holger Mühlbauer vor einem Bild mit FlascheAuf dem Opening der Ausstellung PIANISTEN I im November 2023 bei KAWAI Hamburg erhielt Holger Mühlbauer-Gardemin vom Veranstalter YAC ein ganz besonderes Präsent überreicht: eine Bottel Edel-Tequila von Padre Azul. Kreiert wurde das Design der sehr ansehnlichen Flasche von einem mexikanische Künstler-Kollegen von ihm: José Parra. Foto: YAC/hfr

Holger Mühlbauer-Gardemin stellt seine fulminanten Porträts bei KAWAI aus.

Holger Mühlbauer-Gardemin ist ein deutscher Künstler aus dem Norden der Republik, direkt von der Nordseeküste (Wilhelmshaven), aber er lebt auch in Hamburg, besitzt dort eine Wohnung im schönen Stadtteil Uhlenhorst, in der Nähe der Alster. Er malt schon von frühester Kindheit an und die Kunst ist in seiner „DNA verankert“, wie er schmunzelnd von sich gibt. Man kann ihn durchaus als etablierten Künstler bezeichnen, denn der gelernte Grafik-Designer gastiert mit seinen Werken schon seit einigen Jahren auf vielen Ausstellungen im In- und Ausland.

Auch einige internationale Kunstsammler haben bereits in Mühlbauer-Gardemin’s Katalog zugeschlagen. Verwundern tut dies nicht besonders, denn seine Kunstwerke sind nicht nur ästhetisch ansprechend, sondern auch ein gutes Art-Investment. Nun kann man seine Kreationen im Musikfachgeschäft des japanischen Instrumentenherstellers KAWAI in Hamburg bewundern. Es handelt sich dabei um eine ganz spezielle Ausstellung, passend zum Veranstaltungsort. Er hat zehn bedeutende Pianisten und Komponisten aus den Bereichen Klassik/Pop/Jazz/New Classical im Pop Art-Stil auf Leinwand verewigt (u.a. Frédéric Chopin, Hélène Grimaud, Elton John und Herbert Grönemeyer).

Interview mit Holger Mühlbauer-Gardemin

Ganz-hamburg.de: Herzlichen Glückwunsch zu deiner Einzelausstellung im Geschäft von KAWAI Hamburg, die noch bis Ende April 2024 läuft. Wie war die Vernissage dazu?

Holger Mühlbauer-Gardemin: Sehr gut, das war ein sehr professionelles Art-Event von YAC auf höchstem Niveau mit hochkarätigem und prominenten Publikum. Es waren einige Diplomaten wie die Generalkonsuln von Japan, Frankreich, der Türkei und Chile anwesend und auch einige national bekannte Promis wie zum Beispiel die Schauspielerinnen Nina Petri und Andrea Lüdke oder der Rockstar Jan Plewka von der Band Selig. Ich war absolut happy. Außerdem erläuterte Kunstexperte Henry C. Brinker die jeweiligen Bilder von mir, danach spielte die tolle Pianistin Sejung Choi ein passendes Stück zu dem von mir gemalten Motiv. Durch diese informativ-unterhaltenden Elemente entstand eine sehr angenehme Stimmung.

gh: Diese laufende Ausstellung bei KAWAI Hamburg trägt den Titel PIANISTEN I und beschäftigt sich allgemein mit dem Thema Musik machen. Warum ist es deiner Meinung nach wichtig, diese Aktivität, die zu den frühesten bekannten Aktivitäten der Menschheit zählt, in deiner Arbeit hervorzuheben?

HM-G: Weil Musik Emotionen auslöst und ich mit meinen Bildern auch Emotionen auslösen möchte, außerdem mache ich schon seit den frühen 80ern Jahren selbst Musik (spiele Bass). Zwar nicht im klassischen Bereich, sondern mehr Pop/Rock, aber die Trennung zwischen U- und E- Musik habe ich sowieso nie so gesehen, für mich ist Musik einfach immer Musik.

Holger Muehlbauer spricht am Mirkofon
Holger Mühlbauer-Gardemin mit seinem Pop Art-Porträt von Musik-Star Elton John. Auf der Vernissage der Ausstellung bei KAWAI erläuterte der Künstler einige Details zu seiner Arbeitsweise. Foto: Wolfgang Bürger/hfr

gh:Kannst du uns etwas über deinen Schaffungsprozess erzählen? Dein Ansatz ist sehr spezifisch, du mischt analoge mit digitalen Techniken. Hast du da immer eine ganz bestimmte Reihenfolge oder wechselst du das manchmal auch ab?

HM-G: Ich nenne diese Arbeitsweise Acryl-Digi-Painting, es ist ein Mix aus analoger und digitaler Malerei, aber das ist bei mir nicht in Stein gemeißelt. Manchmal male ich auch nur analog oder nur digital, je nach Lust und Laune, diese Freiheit gönne ich mir (schmunzelt).

gh: Warum hast du dich für die digitale Produktionstechnik als eine deiner Schaffensmethoden entschieden? Was trägt es zu deiner kreativen Arbeit bei?

HM-G: Es ist eine weitere Möglichkeit sich kreativ auszudrücken, aber ob digital oder analog, das ist meiner Kreativ-Zentrale (Gehirn) eigentlich egal, es ist für mich nur ein weiteres Werkzeug, das ich einsetzten kann. Auch im Mix mit der analogen Malerei ist es schon bereichernd. Ob ich nun den digitalen Stift auf dem iPad benutze oder den Pinsel mit Acrylfarbe auf der Leinwand, der kreative Prozess ist derselbe!

gh: Wie siehst du deine Beziehung zum Computer? Ist er sozusagen ein kreativer Mitarbeiter oder einfach nur ein Werkzeug?

HM-G: Ein Werkzeug. Bekommt der Computer keinen Input, ist er ja bekanntermaßen ziemlich dumm!

gh: Gab es einen bestimmten Moment bei der Kreation dieser Gemäldeserie mit Pianisten als Motiven, der dir besonders in Erinnerung geblieben ist?

HM-G: Zum Beispiel bei Fazil Say hatte ich beim malen eine gute harmonisierende Farbkombination hinbekommen, da kommen dann die Endorphine ins Spiel… (lächelt) Wenn man bestimmte Musik hört, hat man Assoziationen und man fühlt bestimme Stimmungen, die ich in Farben umsetzten kann. Ich weiß nicht ob das jeder kann oder nur ich? Ich habe es nie hinterfragt.

gh: Wie wählst du die spezifischen Details und Szenen aus Fotos aus, die du in deiner Arbeit verwendest? Wie war es bei den PIANISTEN-Gemälden?

HM-G: Die/der Musiker/in muss einen guten Ausdruck haben, eine Bewegung, eine Szenerie und es muss mich emotional berühren, wie die viel zitierte Gänsehaut oder auch die tiefe Entspannung; alles ist möglich. Aber auf jeden Fall muss sich bei mir emotional etwas tun, dann weiß ich, dass die Bilder gut werden.

gh: Kannst du uns etwas über ein besonders herausforderndes Stück dieser PIANISTEN-Reihe erzählen und wie du die Hindernisse während des Prozesses überwunden hast? Gab es einen Pianisten, eine Pianistin, der/die sich schwer porträtieren ließ für dich?

HM-G: Nein, dafür habe ich inzwischen zu viel Praxis und Routine. Jedes Bild hat seine kleinen oder größeren Herausforderungen, die aber immer für mich zu meistern sind, da es ja keine Arbeit im eigentlichen Sinn für mich ist, sondern meine Leidenschaft, die ich immer mit gewisser Ernsthaftigkeit ausübe.

gh: In dieser Serie gibt es ja sowohl Pianisten aus dem klassischen Bereich wie Lang Lang wie auch aus der Pop-/Rock- und Jazz-Musik wie zum Beispiel den schwedischen Jazz-Pianisten Erik Svensson. Hast du für die jeweiligen Stile immer einen anderen Ansatz ausgewählt?

HM-G: Ja, genau, ich habe die Farben und Formen der jeweiligen Person und/oder Musikrichtung angepasst, damit habe ich eine Verbindung von Farben, Formen und Musikrichtung geschaffen. Elton John ist ja der „bunte Vogel“, deswegen auch ein Outfit mit bunten Federn und den Chopin habe ich dann Gold, Grau- und Brauntönen kreiert, eben klassisch, passend zum 19. Jahrhundert.

gh: Bevor du mit dieser Serie losgelegt hast, hast du dir zuerst angeguckt was es sonst noch an Porträts von Pianisten gibt in der Geschichte der Malerei? Es gibt zum Beispiel ein sehr bekanntes Bild des französischen Impressionisten Gustave Caillebotte mit dem Titel „Junger Mann spielt Piano“. Haben dir solche Meisterwerke als Inspiration gedient für deine eigene Arbeit?

HM-G: Nein, das mache ich grundsätzlich nicht, um nicht unbewusst ein ähnliches Bild, das es ja nun schon einmal gibt, nicht zu kopieren. Ich gehe gerne unbeschwert und unbeeinflusst an die Werke ran. 

gh: Erläutere doch bitte für unsere Leser wie du stattdessen an so ein Werk herangehst? Hast du bereits einen Pianisten im Kopf und rufst das ab oder siehst du dir im Internet Fotografien dieser Pianisten an. Oder inspirieren dich eventuell auch von dir besuchte Live-Konzerte?

HM-G: Ich male oft nach Fotovorlage, aber auch aus der Erinnerung heraus, das ist immer sehr unterschiedlich. Meine Inspiration rührt teilweise auch von früher her, zum Beispiel als die Hits von Grönemeyer aktuell waren.

gh: Du bist selber Musiker, spielst aber Bass und nicht Klavier. War es dennoch hilfreich für dich als Musiker, andere Musiker zu porträtieren?

HM-G: Man kann sich schon besser in die Materie einfühlen, wenn man selber Bezug zu dem Thema hat, das ist klar. Da auf dem Klavier alle Töne gespielt werden, natürlich auch die Basslinien, bin ich schon von Klaviermusik beeinflusst. Es bilden sich bei mir im Kopf Muster, die die Basslinien vor meinem inneren Auge abspielen, das ist natürlich sehr hilfreich. Diese Muster fließen dann auch anteilig mit in die Bilder ein.

gh: Was mich in der Ausstellung wirklich berührt hat, war, wie du nicht nur die Pianisten, sondern teilweise auch den Akt des Musizierens auf die Leinwand gebracht hast. Kannst du diesen Prozess etwas näher erläutern, hast du zum Beispiel während des Malens Klaviermusik gehört?

HM-G: Ich höre oft Popmusik beim Malen: Sting, die Rolling Stones, David Bowie und so weiter. In diesem Fall habe ich mir tatsächlich auch Klassik von Frédéric Chopin, Neo-Klassik/Ambient von Ryuichi Sakamoto und anderen angehört, um mich noch besser in die Bilder einzufühlen.

gh: Wie siehst du die zukünftige Entwicklung deiner Arbeit und welche neuen Themen oder Medien möchtest du demnächst angehen? Gibt es da schon neue Ideen? Vor allem hinsichtlich der PIANISTEN-Serie? Soll diese fortgeführt werden?

HM-G: Ja, es gibt ja noch so viele klassische Pianisten zu entdecken, ein sehr interessantes Thema für mich. Im Jazz wäre das zum Beispiel Ray Charles, die Dynamik seines Spiels fasziniert mich immer wieder.

gh: Lass uns zum Schluss noch kurz über das Thema reden, das derzeit in aller Munde ist: Künstliche Intelligenz. Ihr Einfluss auf Kreativität und Produktivität ist in der Kunstwelt ein kontroverses Thema. Hast du auch schon mit KI-Kunst experimentiert? Wie wird sich deiner Meinung nach KI auf das Leben von Künstlern und den kreativen Prozess auswirken?

HM-G: Ich bin grundsätzlich neuen Techniken gegenüber aufgeschlossen, aber ich werde weiterhin meine eigenen Kunstwelten mit Pinsel/Acrylfarbe und digitaler Malerei kreieren. Der Kick, der mich beim Erschaffen meiner Bilderwelten erreicht, kann mir eine KI nicht geben. In Berlin werden schon Ausstellungen mit KI-Kunst veranstaltet. Ich will mich nicht grundsätzlich davon freisprechen, wer weiß, in welche Richtung sich die Kunstwelt in der Zukunft bewegen wird.

gh: Du lebst in Wilhelmshaven und Hamburg, zwei Städte im Norden Deutschlands. Doch es gibt große Unterschiede im Lebensstil dieser beiden Städte. Und auch deren Größe ist sehr unterschiedlich. Wie beeinflussen diese verschiedenen Orte, in denen du lebst und arbeitest, deine Kunst? Welche ist für deine Kunst wichtiger?

HM-G: Beide Städte haben ihr eigenes Flair. Wilhelmshaven: eher beschaulich und ruhig, der Strand, das Meer, da kann man gut runterkommen und die Seele baumeln lassen. Hamburg ist die Großstadt, die vielen verschiedenen Menschen und Veranstaltungen, da ist das wahre Leben sozusagen, sehr inspirierend um meinen Kreativ-Tank aufzufüllen. Es ist schön, beides zu haben und zwischen den verschiedenen Welten auswählen zu können. Meine Bilder male ich aber meistens in Wilhelmshaven im meinem Atelier aus der Kaiserzeit, 200 Quadratmeter stehen mir da zur Verfügung, da kann ich mich am besten künstlerisch entfalten. In Hamburg male ich auch ab und zu mal, da bin ich aber eher, um die Großstadtluft zu schnuppern und mich inspirieren zu lassen.

gh: Besten Dank für das Gespräch, lieber Holger und viel Erfolg mit deiner Ausstellung hier bei uns in Hamburg!

Ausstellung PIANISTEN I

Wo: KAWAI Hamburg, Schulweg 31-33, 20259 Hamburg
Kostenloser Besuch während der Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 10 bis 18 Uhr und Samstag 10 bis 16 Uhr

von Cetin Yaman