Selbst der eigentlich simple Bau von Radschnellwegen und Velorouten in Hamburg und Umland versinkt im Mehltau des Planungssumpfs, endloser Diskussionen und dem alltäglichen Behördenwahnsinn.
In China werden anspruchsvolle Bahnhochgeschwindigkeitsstrecken mit vielen Ingenieurbauten in 24 bis 36 Monaten gebaut. Wenn sie fertig sind, ist Tempo 250 -300 km/h normal und Zugverspätungen sind ein Fremdwort.
Gut wir sind nicht in China. Aber in Deutschland, dem Haltungsweltmeister, kommt nicht mal der Bau von Radschnellwegen richtig vor. Kein Wunder, der Bau einer Velo-Route ist scheinbar ganz besonders anspruchsvoll. Ein E-Bike fährt 25 km/h und wiegt samt Fahrer so 80 kg. Fahrräder sind zwischen 15 – 35 km/h schnell. Also echte High-Speed-Geschwindigkeiten.
Besonders tragfähig müssen Velorouten nicht sein, nur dann und wann ein Sprinter für die Streckenwartung, das macht die Tiefbauarbeiten einfach. Die Anforderungen, sprich Kosten, an Brücken sind eher gering. Mit anderen Worten: Wo ist das Problem und vor allem bei den Rekordhaushaltsüberschüssen, es ist genug Geld vorhanden. Es muss nur sinnvoll investiert werden.
Hamburger Radschnellwege sollen Straßen und sogar Bahnstrecken entlasten
Insgesamt sind in der Metropolregion Hamburg sechs Radschnellwegen, die Hamburg mit dem Umlandgemeinden verbinden geplant. Die Velorouten sollen im Idealfall vier Meter breit sein und getrennt von Straßen und Fußgängerwegen verlaufen. Möglichst wenig Kurven und Stopps an Ampeln und Kreuzungen sind auch das Ziel.
Ob allerdings Radschnellwege Straßen und Bahnstrecken wirksam entlasten, ist wohl eher grünes Wunschdenken. Aber es hört sich gut an und kann nicht wirklich valide gemessen werden. Begleitet wird das Projekt mit vielen positiven Absichtserklärungen der Politik.
Fakt ist, selbst die eher simple Planung von Radschnellwegen kämpft mit dem komplizierten widersprüchlichen deutschen Planungsrecht und Perfektionswahn.
Man fragt sich, wie im 19. Jahrhundert in Deutschland ein leistungsfähiges Eisenbahnnetz innerhalb von 40 Jahren entstanden ist. In Hamburg sind die Planungen für die Radschnellwege de facto erst am Anfang.
Doch, Wunder über Wunder, die Online-Beteiligung der Bürger für die Korridore ist abgeschlossen. Ein Blick auf die Landkarte hätte da eigentlich genügt. Jetzt werden ‚Ideen-Workshops‘ vor Ort für die einzelnen Trassen veranstaltet. Ein schöne Spielwiese für Berufsbetroffene und Aktivisten, die Vorschläge zu den vom Planungsbüro erstellten Varianten machen. Ein konstruktives Feedback ist sicherlich sinnvoll. Andererseits, die ideale Route gibt es nie.
Naturschutz und Radweg kollidieren
Planungsziel ist, vorhandene Radwege nach Möglichkeit zu nutzen. Aber, viele Naturschutzgebiete erschweren die Routenplanung. Dadurch wird die Route länger und kurviger.
Im Sommer 2020 werden voraussichtlich die ersten überarbeiteten Trassenplanungen präsentiert und in die politischen Gremien eingebracht. Ziemlich offen ist noch die Übernahme der Kosten. Immerhin ein Radschnellweg kostet pro Kilometer stolze 500.000 bis 1 Million Euro. Tunnel und Brücken können die Preise weiter treiben.
Lange Leitung oder schnell geht anders
Es wird wohl noch fünf Jahre (!) nach optimistische Schätzungen dauern, bis erste Teilabschnitte des Radschnellweges im Umland genutzt werden können. Zum Vergleich, der erste Abschnitt der Hamburger Hochbahn, die Ringbahn (27,85 km), wurde in knapp sechs Jahren (!) samt zig Tunneln, Brücken, Viadukten, Kraftwerk, Bahnhofsbauten, Betriebswerkstätten etc. zum Festpreis (!) fertiggestellt.
Das sagt einiges, in welchem Schneckentempo wichtige und die Umwelt entlastende Projekte von den Parteien, der Politik und Verwaltung vorangetrieben (verzögert?) werden.
Note Plattfuß
Es ist eben das eine, vollmundig irgendwelche ‚Klimanotstände‘ auszurufen und das andere, schnell und gezielt ein sinnvolles Radschnellwegenetz zu planen und Velorouten zu bauen. Interessant, gerade Parteien, die offiziell Velorouten fordern, untertützen NGOs und Bürgerinitiativen, die Velorouten durch Klagen verhinden. Das wird beschönigend Dialektik genannt. Deshalb, bis dahin kann man den Verantwortlichen und vielen Politikern nur die Note Plattfuß geben.