Wer regelmäßig den öffentlichen Nahverkehr nutzt, weiß, in vielen Städten und Regionen muss noch viel getan werden. Die Infrastruktur ist häufig veraltet, schlecht gepflegt oder nicht vorhanden. Die Tarifsysteme der Verkehrsverbünde haben sich höchstwahrscheinlich Datenverschlüssungsexpert*Innen ausgedacht. Um einige Ticketautomaten zu bedienen, wäre ein IT-Studium eine gute Grundlage. Was auch augenscheinlich ist: Sauberkeit und Sicherheit sind teilweise Fremdworte. Die Stationen sind ungepflegt, verwahrlost und mit Graffitis beschmiert. In den Bussen und Zügen kommt durchaus schon einmal rustikale Wild West-Stimmung auf. Tja, und wenn wirklich etwas passiert und die Täter mit einer Überwachungskamera aufgezeichnet wurden, dann wir ein halbes Jahr später ein Fahndungsfoto veröffentlich. Das steigert natürlich das Sicherheitsgefühl beträchtlich.
Eine repräsentative Studie des Forschungsinstituts KANTAR im Auftrag von Allianz pro Schiene, BUND und Deutschem Verkehrssicherheitsrat hat ergeben, dass viele Deutsche mit der Nahverkehrs-Infrastruktur sowie auch der Sicherheit im Rad- und Fußverkehr unzufrieden sind. Kein Wunder, der Bau von Velorouten kommt aufgrund der überbordenden deutschen Bürokratie und unseres überkomplexen Planungsrechts nur im Schneckentempo voran. Nicht selten hemmen Klagen von Bürgerinitiativen (die nicht selten den Grünen nah stehen) und Anwohnern die Planung und den Bau von Radwegen.
Staatstaaten eindeutig im Vorteil
An der ‚Zufriedenheits-Spitze‘ finden sich naturgemäß die drei Stadtstaaten Hamburg, Berlin und Bremen. Alle drei haben im bundesweiten Vergleich einen gut ausgebauten Nahverkehr. Allerdings, auch Lücken und Probleme, die es zukünftig zu beheben gilt.
Mobilitätsbarometer Hamburg hat im Vergleich die höchste Zufriedenheit und liegt weit über bundesdeutschen Durchschnitt
Stadt | Anbindung | Entfernung | Abfahrten | Durchschnitt aus den drei Faktoren |
---|---|---|---|---|
Hamburg | 97% | 95% | 89% | 94% |
Berlin | 93% | 97% | 86% | 92% |
Bremen | 98% | 97% | 72% | 89% |
Immerhin: Etwas mehr als Zweidrittel (70 Prozent aller Befragten) sagen, sie hätten eine gute Anbindung an den Nahverkehr.
„Das zeigt, dass eine große Mehrheit der Deutschen das 49-Euro-Ticket nutzen kann und vom Angebot am eigenen Wohnort profitieren wird.“
Dirk Flege (Geschäftsführer der Allianz pro Schiene)
Anbindungswerte von 98 – 93% kann man kaum noch steigern. Im Falle von Hamburg wird der Neubau der S-Bahn S4 bis nach Bad Oldesloe und der Ausbau der AKN zur S-Bahn Linie21 die Anbindung vieler Bürger an den Nahverkehr entscheidend verbessern.

Bei der Anzahl der Abfahrten kommt Hamburg auf den ersten Platz. Deutlich wird auch die Mehrheit der Befragten, die sich eine deutlich bessere Taktung von Bus und Bahn wünschen. Wer von Hamburg aus im Nahverkehr Richtung Kiel/Flensburg, Lübeck, Hannover, Bremen oder nach Mecklenburg-Vorpommern startet, kann sich über die Taktung der Bahnfahrpläne durchaus wundern.
„Damit haben wir die klare Erkenntnis, dass nicht die Entfernung, sondern die Taktung die Menschen unzufrieden macht. Hier haben wir einen wichtigen verkehrspolitischen Hebel identifiziert, wie Bund und Länder im Rahmen der bestehenden Infrastruktur das Angebot für die Menschen direkt verbessern können.“
Dirk Flege

In Großstädten liegen Haltestellen meist in einer akzeptablen Entfernung zum Wohnort oder zur Arbeitsstelle. Hier ist der Abstand in den drei Stadtstaaten sehr gering.

Zahl der Abfahrten problematisch
Die Studie zeigt außerdem ganz deutlich, dass die Menschen mehrheitlich nicht die Entfernung zur nächsten Haltestelle als Problem empfinden, sondern die als zu selten empfundenen Abfahrten an einer Haltestelle.
Über die Umfrage
Mit der repräsentativen Studie war das Forschungsinstitut KANTAR im Oktober 2022 beauftrage. Es wurden mehr als 2.000 Menschen befragt.