Olympia-Referendum: Kopf hoch Hamburg!

Anstoß! Hamburg die TalkgästeAnstoß! Hamburg im Radisson BLU Hotel Hamburg Dammtor am 1.12.2015 Foto: PReventas Hamburg/Stephan Wallocha

Nach dem gescheiterten Olympia-Referendum – bei der Sport-Netzwerkveranstaltung „Anstoß! Hamburg“ diskutierten mehr als 100 Gäste über die zukünftigen Herausforderungen und Chancen Hamburgs

Gestern Abend trafen sich die Sport-Netzwerker Hamburgs im Radisson BLU Hotel und sprachen, wie konnte es auch anders sein über das abgelehnte Olympia Referendum und die dadurch geänderten Perspektiven des Sports in Hamburg. Hochkarätig auf dem Podium diskutierten Dr. Nikolas Hill (Geschäftsführer der Bewerbungsgesellschaft Hamburg 2024), Tobias Giles-Bluhm (Geschäftsführer Hansa Mineralbrunnen), Gerd Gottlob (NDR Sportchef) und Saskia Radzuweit (Volleyballspielerin VT Aurubis Hamburg) die Zukunft des Sports in der Hansestadt. Die Talkrunde wurde von Jörn Lauterbach (Redaktionsleiter WELT Hamburg) moderiert.

Feuer und Flamme ist verloschen

Sie liefert genug Gesprächsspoff für die rund 100 Sportler, Funktionäre, Wirtschafts- und Medienvertreter beim Get Together. Was die Olympia-Gegner eher weniger bedacht haben, eine Olympiade wirkt wie ein Katalysator und beschleunigt viele Projekte und Entwicklungen oder macht sie gar erst möglich. Dieser initiative Impuls wird der Stadt fehlen. Nur wer etwas macht, macht auch Fehler. In diesem Sinn haben die Olympia-Gegner „vorbildlich” gehandelt. Doch das ist Schnee von gestern, denn die Würfel sind gefallen. Eines ist genauso sicher, der Bund hat die Hamburgsbewerbung mehr als halbherzig unterstützt. Kein Wunder, der Löwenanteil wird in Berliner Prestigeprojekten versenkt, weil Berlin (der Hauptkostengänger der Bundesländer) als Hauptstadt herausgeputzt werden muß.

Ein Defizit an Vertrauen, Mut und eine allgemeine Grundskepsis

Dr. Nikolas Hill betonte, dass nach dem gescheiterten Referendum natürlich Ursachenforschung notwendig sei. „Das demokratische Ergebnis muss man akzeptieren, ich finde aber nicht, dass es die beste Entscheidung ist, die man treffen konnte“, so Hill. Für den negativen Ausgang macht er vor allem die erschwerten Rahmenbedingungen verantwortlich. Durch vorherrschende Themen wie den DFB-Skandal, den Doping-Skandal sowie das allgemeine Misstrauen gegen den IOC und die FIFA, hätten die Bürger eine Grundskepsis gegen sportliche Großereignisse aufgebaut. Zudem fehlte das Vertrauen in die Politik, dass das Finanzkonzept die Olympischen Spiele nicht in eine zweite Elbphilharmonie verwandelt. „Dieses fehlende Vertrauen muss man sich hart erarbeiten und stellenweise auch erst zurückgewinnen. Das passiert nicht über Nacht“, so Hill. Er sei enttäuscht darüber, dass die Hamburger dennoch nicht das Zutrauen in die eigene Zukunft hatten, die Bewerbung um die Olympischen Spiele auszuprobieren. „Dieser Schritt des Muts hat bei den Bürgern gefehlt“, resümiert Hill.

Großes Lob sprach Hill an die potentiellen Sponsoren der Olympischen Spiele aus, da sich über 70 Unternehmen bereit erklärt hätten, die Spiele zu unterstützen. Viele davon würden sich auch nach dem gescheiterten Referendum weiterhin im regionalen Sport einbringen wollen. „Es ist wichtig, den Geist und die Idee, für den Hamburger Sport mehr zu machen, aufrechtzuerhalten. Der Sport in Hamburg hat es verdient, weiterhin Unterstützung zu erfahren. Wir müssen Ideen entwickeln und Aufbauarbeit leisten und dürfen nach dem Ergebnis nicht in Resignation verfallen“ so Hill. Denn es gäbe jede Menge weiterer sportlicher Ziele für die es sich lohne, weiterzumachen. So bitter es ist. Die Bewerbungsgesellschaft wird liquidiert, aber vorher wird noch alles dokumentiert. Ganz wichtig für ihn, den Mitarbeitern dabei helfen, das es neue Perspektiven gibt.

Das Olympia-Referendum ist Geschichte – es gilt nach vorn zu schauen

NDR Sportchef Gerd Gottlob hat als Berichterstatter bei den Bürgern und Zuschauern immer eine sehr große Solidarität mit den Olympischen Spielen erlebt und sieht diese als eine Chance für die Ausrichterstädte. „Für viele Sportarten sind die Olympischen Spiele die einzige Möglichkeit, sich zu präsentieren. Auch die Zuschauer können dann mal einen Blick jenseits des Fußballs in die Sportwelt machen“, so Gottlob. Die Olympischen Spiele in London hätten z.B. dem Volleyball-Sport einen großen Aufschwung gegeben. Den negativen Ausgang des Referendums in Hamburg erklärt Gottlob mit einer großen Verunsicherung der Menschen, auch jenseits von Olympia.

„Den Menschen fehlte der Mut und das Vertrauen, dass Olympia eine tolle Sache werden kann. Dazu sind die Menschen momentan nicht bereit, obwohl das Konzept und die Kampagne sehr gut waren“, so Gottlob.

Allerdings hatte er auch einige Kritikpunkte an der Hamburger Kampagne. Durch die breite Diskussion um die Finanzierung, sei der Kern der Sache vergessen worden – der Sport. „Eine stärkere Emotionalisierung des Sports wäre eine Möglichkeit gewesen, auch den Rest der Leute zu überzeugen“, resümierte der NDR Sportchef. Er bewertet den negativen Ausgang des Referendums als Rückschritt für die Sportstadt Hamburg. Die Olympia-Bewerbung sei eine Chance gewesen, auch andere sportliche Großereignisse in die Hansestadt zu bringen, wie es z.B. mit der Box-WM 2017 bereits geklappt habe. „Ich bin leider sehr skeptisch, ob diese Dynamik weiter aufrechterhalten werden kann“, meint Gottlob. Allerdings sehe er keinen Imageschaden für Hamburg. Viel schwieriger bewertet er die Situation, dass der Ausgang des Referendums die Hansestadt zerreißt. Sein Resümee: „Man muss da jetzt einen Strich drunter machen.“

Volleyballspielerin Saskia Radzuweit (VT Aurubis Hamburg) hat sich viel von einer Olympia-Bewerbung Hamburgs versprochen: „Die Bewerbung hätte den regionalen Sport auf jeden Fall vorangebracht, gerade in der Jugendförderung. Junge Sportler und Sportstätten hätten dadurch sehr große Perspektiven gehabt.“ Auch für die Sportart Volleyball seien die Olympischen Spiele sehr wichtig.

Tobias Giles-Bluhm verdeutlichte, dass sich sein Unternehmen vielfältig in der Sportwelt engagiert. Dazu gehören St. Pauli,  Hamburger Freezers, HSV-Handball,  Handball in Kiel und Flensburg sowie den Hella Halbmarathon und den Hella Laufcup. „Es ist natürlich wichtig, die Konsumenten an uns zu binden. Aber wir wollen uns durch das Sponsoring auch in unserer Region verankern und unterstützen daher regional guten Sport. Vor allem der norddeutsche Handball ist im internationalen Bereich auf einem sehr hohen Niveau“, so Giles-Bluhm. Als Sponsor möchte Hansa Mineralbrunnen den Vereinen einen großen Mehrwert bieten: „Wir kommen nicht nur mit Geld, sondern mit einem guten Produkt, dass die Sportler tatsächlich brauchen“, resümiert der Geschäftsführer. Schließlich trinke das St. Pauli Team so rund 60.000 Liter Hella in einem Jahr, das sind drei Lastzüge!

Nach dem Talk ging es beim Aktivspiel, dem HSV-Handball-Dosenwerfen, um 2×2 VIP-Tickets für ein Spiel des Hamburger Handballvereins. Das beste Wurfhändchen bewiesen Fußballspieler Florian Bruns (SV Werder Bremen) sowie Boxpräsident Peter Hahne und dürfen sich über jeweils zwei Tickets für den HSV-Handball freuen. Beim Sportquiz, dem Netzwerkpreis bei „Anstoß! Hamburg“, durften die Gäste ihr Wissen über Hamburg und Hamburgs Sportler testen. Das meiste sportliche Fachwissen bewies Moderator Uli Pingel und wählte in guter Netzwerk-Manier als zweiten Gewinner den ehemaligen St-Pauli-Spieler Fabian Boll aus. Für beide gab es jeweils zwei VIP-Tickets für die Hamburg Freezers.

Von ganz-hamburg.de an diesem Abend gesehen: Christian Beutler (Manager, VT Aurubis Hamburg), Thomas Bothstede (Hamburg Freezers, Leiter Geschäftsstelle), Carsten Byernetzki (Leiter Marketing und Öffentlichkeitsarbeit, Hamburger Fußball- Verband),Markus Deibler (Geschäftsführer, Luicella’s Premium Ice Cream GmbH), Marius Ebbers (Ex-St. Pauli-Spieler), Peter Hamel (Präsident, HABV), Valérie Huck (Mitglied der Geschäftsleitung, MeridianSpa Deutschland GmbH), Matthias Karstens (Geschäftsführer, Pferdesportverband Schleswig-Holstein e.V.), Florian Kringe (Fußballspieler, FC St. Pauli), Horst Lüders (Vorsitzender, VT Aurubis Hamburg), Karsten Marschner (Geschäftsführer, Hamburger Fußball-Verband e.V.), Wolfgang Müller-Kallweit (Präsident, Hamburger Leichtathletik-Verband), Dr. Karl Ness (1. Präsident, Der Club an der Alster), Dirk Schumaier(Geschäftsführer, Bäderland Hamburg GmbH) und Klaus Widegreen (Vizepräsident, Hamburger Sportbund) und natürlich etliche Kollegen aus dem Kreis der Sportjournalisten.