Hamburg: *Größter Volkslauf der Welt und keiner kennt ihn*

Laufgruppe an der Alster in Hamburg im WinterRunning: parkrun Alstervorland Foto: Boris Bansemer 

Ein Running Event der anderen Art: Der Alstervorlauf parkrun ganz einfach beim Laufwettbewerb mitmachen und gratis laufen.

Wenn selbst die größten Leichtathletik-Experten den vielleicht größten Volkslauf der Welt nicht kennen muss man nachhaken. Laufen die im Dunkeln? Im Geheimen? Im Verborgenen?  Nichts von dem kommt der Wahrheit wirklich nahe.

Der Tag hat die Nacht vertrieben, wenn sich jeden Samstagmorgen um 9 Uhr Laufwillige weltweit in Parks treffen. In Hamburg ist das im Alstervorland vor dem Szenelokal Cliff. Dort fand am 12. Januar 2019 der erste parkrun statt. Am 14. Januar 2023 wurde das 4-jährige Jubiläum gefeiert. Es ist gleichzeitig die 136. Veranstaltung in Hamburg. 2.015 Läuferinnen und Läufer legten dabei 28.265 km (Hamburg – Perth und retour) zurück und wurden von 144 Helfern betreut. Vom Anfänger bis zum Profi ist jeder willkommen.

parkrun geht ganz einfach, nur Laufen muss man selbst

Wie läuft das? Einmalig muß man sich im Internet unter https://www.parkrun.com.de/register/ anmelden. Ein Barcode wird umgehend per E-Mail zugestellt, den man sich beliebig oft, jederzeit und überall ausdrucken kann. Dieser ersetzt den Zeitmess-Chip, den man von kommerziellen Laufveranstaltungen kennt.

Dieser Barcode ist zu jedem parkrun mitzubringen, sonst kommt man nicht in die Wertung. Keine weitere Anmeldung ist erforderlich. Man erscheint, läuft und geht wieder. Puristisch einfach, kein bürokratisches Monster, ohne Startnummern, ohne Nadeln, aber auch ohne Medaillen und Pokale. Für erreichte Teilnahmen (50, 100, 250, 500 Läufe und 25 Helfer) werden allerdings heißbegehrte T-Shirts überreicht.

2 Runden á 2,5 km sind zu absolvieren. Der Kurs ist wunderschön mitten im Alstervorland gelegen, zuschauerfreundlich, aber mit Ecken, Wendungen und nicht IAAF- bzw. DLV-bestenlistenfähig. In die weltweiten parkrun-Bestenlisten wird man aber durchaus aufgenommen. Überaus freundliche und motivierte Helfer zeigen den Laufweg an. Ein Verlaufen ist so gut wie unmöglich. Im Ziel erhält man sofort seine Platzierung, die gemeinsam mit dem parkrun-Barcode abgescannt wird. Ein paar Stunden danach bekommt jeder Teilnehmer in einer E-Mail alle Details seines Laufes: Die wievielte Teilnahme das war, insgesamt und an dem Standort, Gesamtplatzierung und nach Geschlecht, in der Altersklasse, wieviele Athleten teilnahmen und sogar den alterskorrigierten Leistungswert in Prozent nach dem WAVA-Standard. Keine Frage, so funktioniert modernes, perfektes Marketing.

Läufer im Alstervorland
parkrun im Alstervorland Foto: Boris Bansemer 

Hamburger Alstervorland parkrun: umsonst & draußen

Und was kostet das alles? Nichts. Wie nichts? Die Teilnahme ist absolut kostenlos. Etwaige Kosten wie für Datenpflege, Internetauftritt, Genehmigungen usw. werden ausschließlich von Sponsoren getragen. Die Aufgaben vor Ort erledigen ausnahmslos Freiwillige, die “parkrun-Volunteers”, deren Entlohnung das Gemeinschaftserlebnis ist.

Nun sind geniale Erfindungen immer einfach. Niemals kompliziert. So entstand die Idee nach einer Verletzung. Paul Sinton-Hewitt konnte nicht laufen, wollte sich aber regelmäßig mit seinen Freunden treffen. Am Samstag, den 2. Oktober 2004 traf er sich mit 13 Läufern und fünf freiwilligen Helfern im Bushy Park in Teddington, London. Das war die Geburtsstunde des parkruns, der damals noch „Bushy Park Time Trial“ genannt wurde. Zu diesem Zeitpunkt war die gigantische Entwicklung noch nicht zu antizipieren.

parkrun Deutschland

Bei parkrun Deutschland gab es am letzten Wochenende einen neuen Teilnehmer-Rekord von 1.742 Finishern an 48 Standorten. Insgesamt kann parkrun Deutschland seit seinem Start am 2. Dezember 2017 auf 176.323 Zieleinläufe von 35.060 Läufern zurückblicken.

Auch ambitionierte Athleten sind beteiligt. So startete der neunmalige Gewinner des Comrades Ultramarathon, Bruce Fordyce, im November 2011 den Südafrika parkrun im Delta Park in Johannesburg und leitet ihn auch heute noch.

Die schnellsten Zeiten in Deutschland liefen Aaron Bienenfeld mit 14:20 Min und Melissa Berry mit 16:58 Min. Weltweit gab es gerade am 31. Dezember 2022 einen neuen Rekord bei den Frauen von Isobel Batt-Doyle mit 15:25 Min beim Aldinga Beach parkrun in Adelaide, Australien. Bei den Männern steht der Rekord bei 13:48 Min von Andrew Baddeley. Mit einer Zeit von 16:42 Min führt Sebastian Hoenig das Feld der Männer in Hamburg an. Bester Hamburger ist Jon-Paul Hendriksen mit 17:08 Min. Bei den Frauen führt Natalie Wangler mit 18:40 Min und beste Hamburgerin ist Nina Rosenbladt mit 19:28 Min.

“Wir möchten so vielen Menschen wie möglich das Gefühl geben, Teil einer örtlichen Gemeinschaft zu sein und gleichzeitig zur weltweiten parkrun-Familie zu gehören.”

Tanja Somers vom Alstervorland parkrun Hamburg

Gehen wir einfach mal davon aus, dass es sich bei diesen Zahlen nun doch um den größten Volkslauf der Welt handelt.