Moderne Medizin – mehr Individualität als Maßnahme gegen das Zwei-Klassen-System?

Krankenschwester im StetoskopPhoto by JESHOOTS.COM on Unsplash

Schnell zum Arzt, weil man eine bestimmte Sache überprüfen lassen möchte – diese Zeiten gehören leider lange der Vergangenheit an. Während sich vor einigen Jahren noch darüber beschwert wurde, dass mitunter viele Stunden im Wartezimmer verbracht werden müssen, sieht es heute so aus, dass es kaum mehr möglich ist, überhaupt einen Termin zu bekommen. Gerade, wenn der Rat eines Spezialisten benötigt wird, bekommt der Patient manchmal erst nach Jahren einen Termin oder wird mit der Antwort abgewiesen, dass keine neuen Patienten mehr aufgenommen werden. Natürlich ist das nicht nur die Schuld der Ärzte, die tatsächlich aufgrund der erstaunlichen Mengen an potenziellen Kunden überfordert sind, sondern primär die des Systems, die derartige Entwicklungen fördert.

Medizinische Leistungen nur noch für Reiche?

In Deutschland kristallisiert sich leider immer mehr eine Zwei-Klassen-Medizin heraus. Mehr als zehn Prozent der Versicherungsnehmer entscheiden sich bewusst gegen das Solidarsystem der gesetzlichen Krankenversicherung. Dadurch bleiben diese Beiträge in Milliardenhöhe aus, die Folge davon ist, dass der einzelne, gesetzlich Versicherte Jahr für Jahr mehr bezahlen muss. Das ist allerdings das geringe Übel, weitaus schlimmer ist, dass sich das Gesundheitssystem zu etwas entwickelt, das Patienten in zwei Klassen einteilt. Privatversicherte werden bevorzugt, unabhängig von der Schwere des Falls.

Es geht sogar so weit, dass Ärzte ihren Praxen ausschließlich zu solchen für Privatpatienten umwandeln. Zudem kommt ein weiteres Problem hinzu, nämlich das, dass es bei Weitem nicht so viele neue Ärzte gibt, wie eigentlich benötigt sind. Die Ausbildung von Ärzten ist im letzten Jahrhundert stehen geblieben und wer den deutschen Hang zur Bürokratie kennt, der weiß, dass sich daran in Zukunft kaum etwas ändern wird.
Fraglich ist bei einer Zwei-Klassen-Medizin, wie es um den hippokratischen Eid, denn alle Ärzte leisten, bestellt ist. Entscheiden die Ärzte fortan nur noch aufgrund des Geldes, wer eine Behandlung bekommt, so scheint das deutlich den Prinzipien dieses Eids zu widersprechen.

Individuelle Lösungen mit moderner Technik als Ende der Zwei-Klassen-Medizin?

Problemlos kann der Patient heute sein Rezept online einlösen. Das ist ein guter und wichtiger Schritt in die richtige Richtung, allerdings nur einer von vielen. Um die Bevorteilung privat versicherter Patienten zu stoppen, braucht es Systeme, die jedem Patienten den gleichen Zugang ermöglichen. Vielleicht muss das menschliche Element herausgerechnet werden, denn Medizin darf nicht vom Profit oder von der Gier diktiert werden.

Bislang ist es noch immer so, dass Rezepte vom Arzt, in der Praxis, ausgestellt werden. Natürlich erweist es sich als Vorteil, wenn das Rezept, sobald der Patient dieses erhalten hat, online eingelöst werden kann, doch die wahren Vorteile dieses Fortschritts zeigen sich erst dann, wenn die Sprechstunde, eventuell sogar mögliche Therapien, in das Internet verlagert werden.

Die innovative Telemedizin rückt in den Fokus und es wichtiger denn je, diese mit Nachdruck voranzutreiben. Nur so ist es möglich, die Ungerechtigkeit des Systems, die immer deutlicher hervortritt, abzuschaffen. Ebenso gelingt es damit besser, den Ärztemangel auszugleichen. Rentner, die nicht mehr mobil sind, haben somit die gleichen Chancen auf eine faire und schnelle Behandlung. Ebenso gelingt es damit, strukturschwache Regionen besser abzudecken. Die Vorteile liegen klar auf der Hand, nun ist es an der Zeit, dass Krankenkassen, die Gesetzgebung, Ärzte und die Patienten am selben Strang ziehen.