Intim, vertraulich und schonungslos offen: Geständnisse und das Doppelleben von Hamburgerinnen und Hamburgern.
Carola verbindet Kopfkinos mit realen Treffen
So wie Carola*, eine 52-jährige erfolgreiche Unternehmerin aus Hamburg Harvestehude. Beruflich hat keiner ihrer Tage weniger als 10 Stunden. Carola berät mittelständische Firmen in der Fragen der Wirtschaftlichkeit und der EU. Hauptsächlich hat sie langjährige Mandaten, die ihr viel Vertrauen entgegenbringen und ihre Seriosität und Professionalität schätzen.
Carola lebt in einer festen Fernbeziehung. Allerdings, ihre derzeitige Partnerin wohnt nicht in Hamburg. Meist verbringt sie die Wochenenden bei ihr. Sie hat ein wunderschönes Haus mit einem großen Garten.
Carola berichtet: Ich war Anfang dreißig. Mit meiner Scheidung ging mein Coming Out einher. Danach lebte ich in längere aber wechselnde Beziehungen, die so fünf bis sieben Jahren hielten. Es gab einfach einen Punkt, da waren die Gemeinsamkeiten verbraucht und wir haben uns getrennt.
Viel hat sich da natürlich durch meine Arbeit in der Frauenbewegung ergeben. Aber, es gibt auch eine ‚dunkle‘ Seite, an langen Abenden in meiner Wohnung, wenn ich allein bin, dann chatte ich auch gern. Auf bestimmten Foren oder Datingportalen finden sich schnell Gleichgesinnte. Das geht fast wie von selbst. Schon nach ein paar Zeilen spürt frau eine gewisse Gemeinsamkeit. Das sind Kleinigkeiten. Das Gespräch vertieft sich – Schritt für Schritt baut sich Vertrauen auf. Dann kommt es zu Kopfkino oder Casual Sex.
Es ist als ob man real einen Menschen in einer Bar oder einem Café kennenlernt. Wenn die Sympathie stimmt, dann ist die Übergang fließend, Gespräche werden intimer und erotischer. Irgendwann macht es ‚Klick‘ und wir leben in unserem Chat-Gespräch unsere Fantasien sinnlich und hingebungsvoll aus. Das werden dann meist lange Abende. Es kam auch schon einmal vor, dass wir uns real getroffen haben. Doch, für mich ist das stets etwas anderes. Das funktioniert oder nicht. Ich möchte das alles nicht missen und für mich ist das auch kein untreu werden.
Lea bekennt sich zu Datingportalen und Casual Sex
Die 24-jährige Lea* absolviert gerade ein Wirtschafts-Masterstudium. Sie lebt einer eineinhalb Zimmerwohnung in Hamm. Was meine Hamburger Kommilitonin*Innen nicht wissen. erzählt die sportlich schlanke 23-Jährige, ist, dass ich ein gewisses Doppelleben habe. Klar treffen wir uns regelmäßig unter Studenten. Da sind die Arbeitsgruppen und die viele Uni-Partys. Ich gehe gern tanzen und feiere gern. Einen festen Freund habe ich seit 2,5 Jahren nicht mehr. Er ging für zwei Auslandssemester nach England, am Anfang haben wir es mit so einer Fernbeziehung versucht, doch das funktionierte nicht.
Seit einiger Zeit, also vor Corona, date ich sehr intensiv über Tinder und andere Plattformen. Sehr viele meiner Freundinnen und Bekannte sind da aktiv gewesen bzw. sind es noch. Bei mir fing es harmlos an. Gut- – die Blödmännerquote ist hoch und etliche Typen haben tatsächlich nicht alle Tassen im Schrank.
Ich fand schnell Gefallen am Dating, das Kennenlernen, das Gespräch und die Spannung die entsteht. Was ich nicht gedacht habe und was mich überrascht hat, die Möglichkeit von Casual Sex hat mich immer mehr in den Bann gezogen. Vorher war ich eigentlich in solchen Dingen eher etwas zurückhaltend. Jetzt suche ich das gezielt.
So habe ich auch meine Bi-Sexualität entdeckt. Eine ganz neue Erfahrung für mich. Ein paarmal im Jahr besuche ein Frauenpaar in der Schweiz für verlängerte Wochenenden. Sie haben mich in eine ganz andere erotische Welt eingeführt. Dazu sind die beiden auch sehr gute Freundinnen. Was schön ist, selbst in der Corona-Zeit konnten wir uns treffen. Natürlich alles getestet und so. Allerdings, nicht einmal meine beste Freundin weiß davon…
Tim möchte Escort Damen nicht mehr missen
Der 37-jährige Wirtschaftsingenieur Tim* aus Norderstedt ist Exportmanager in einem spezialisierten Maschenbauunternehmen. Er betreut den europäischen Markt, den Nahen Osten und Südamerika. Vor der Pandemie war regelmäßig im Ausland und besuchte seine Kunden. Seit Jahren lebt er in einer festen Beziehung.
Ich weiß nicht wie es kam, ich bin wirklich zufrieden mit meiner Beziehung und bin auch treu. Doch es war so ein Gefühl etwas zu verpassen. Wir leben seit sieben Jahren zusammen. Da schleift sich eine Beziehung natürlich ein. Oft bin dich drei oder vier Tagen unterwegs. Tagsüber stehen viele Meetings und Präsentationen auf der Agenda. Der Tag wird oft mit Abendessen mit Kunden beendet. Oder, man sitzt im Hotelzimmer bzw. der Office Zone und bearbeitet seine E-Mails, bereitet den nächsten Tag vor und schreibt Reports. Dann geht es meist zu einem Absacker und Snack an die Bar.
An einem Abend saß ich im Hotelzimmer, wartete darauf abgeholt zu werden und surfte durch Web. Wirklich ganz zufällig landete ich auf einer Seite eines Escort-Service. Ich war wie gebannt. Doch dann ging das Mobile und wir gingen Essen. So gegen 23:00 Uhr war ich zurück und hatte natürlich auch etwas getrunken. Ich ging wieder auf die Seite. Ich wusste, morgen Abend stand nichts an und der Rückflug war übermorgen am späten Nachmittag. Ich hatte Zeit und fast einen Tag Puffer. Das kommt schon einmal vor, dann arbeitet man halt im Remote-Modus. So habe ich einen Abend Escort gebucht.
Es war ein unglaublicher Abend. Casual Sex war eine ganz neue prickelnde Erfahrung. Es war als ob ein Vorhang weggezogen wird und ein Raum flutet sich mit Sonne. Natürlich ist das nicht billig, doch ich verdiene gut und habe hohe Provisionen. Jetzt gönne ich mir ein paarmal diese Erlebnisse und den Luxus. Ein schlechtes Gewissen habe ich nicht. Natürlich habe ich meiner Partnerin das nicht erzählt. Mein Gefühl ist, es hat der Beziehung sogar gut getan. Ich kann mich besser ausleben.
*aus Vertraulichkeitsgründen Namen, Stadtteile und Details geändert