Na denn und Prost: Der ultimative Vintage Kneipen-Cocktail Guide

Neonschriftzug: Cocktail & Dreams in einem SwingerclubNeonschriftzug © Norbert Schmidt

Archiv: Kneipen-Cocktails und andere wilde Drinks, die nicht unbedingt ein Höhepunkt der Mixologie sind.

Ernsthafte Mixologen werden sich damit nicht abgeben. Diese Cocktails sind in rustikalen Kneipen in den 1960er und 1970er Jahren von unten direkt am Tresen entstanden. Um die hohe Kunst des Trinkens, die Schaffung von Geschmackserlebnissen ging es dabei weniger. Kneipen-Cocktails legen Wert auf Wirkung und basierten auf ganz wenige Zutaten. Wer fein ziselierte Geschmackserlebnisse sucht, sollte liebe keine Tresen-Cocktails bestellen. Undenkbar in unsere vegan inspirierten woken Zeiten, damals wurde nicht nur überall und fast ununterbrochen geraucht. Auch beim Trinken dominierte die Wirkung und Gefangene wurden dabei selbstverständlich nicht gemacht.

In den Kneipen der 1960er, 1970er bis in die 80er ging es am Tresen zur Sache. Das Styling war egal, es gab eigentlich nur ein Design: Eiche rustikal. Große Aschenbecher standen auf jedem Tisch, ob es nun die ‘Holsten Klause’, die ‘Astra-Diele’, das ‘Die scharfe Ecke’, der ‘Sander Krug’, der ‘Sportler Treff’, ‘Gunthers Bier Bar’ waren oder ob man bei ‘Egon und Anita’ sein Feierabendbier trank.

Tresen-Cocktails, das sind einfache, aber sehr effektive Mischungen. Genuss war nicht so wichtig, Wirkung dafür umso mehr. Erfunden wurden sie nach einigen Pils gekoppelt mit ein paar Kurzen. Da war nicht Nichts mit schütteln oder rühren. Die Zutaten kamen zusammen ins Glas und gut war es. Manchmal gab es Eiswürfel dazu und manchmal nicht. Ganz kreative Wirte haben vielleicht noch mal einige Drinks mit einer Zitronenscheibe, bevor sie sich eine HB ansteckten, dekoriert.

Bommi mit Pflaume

Bommi mit Pflaume wurde nicht von den Toten Hosen erfunden. Auf Sylt, Deutschlands Party- und Promi-Insel wurde Anfang der der 1960er Jahre die Idee, Bommerlunder (ein Kümmel aus Flensburg), mit eingelegten Pflaumen zu servieren. Ob es am Nordseereizklima oder dem freizügigen Treiben (FKK-Baden) an der legendären Buhne 16 lag, ist heute noch umstritten. Tatsache ist, dass in Westerländer Kneipen und Bars Bommi mit Pflaume der angesagte Drink war. Das war genau das richtige für die schicken Raucher von Marken wie Peter Stuyvesant, Attika, Krone, Milder Sorte oder Lord Extra.

Bommi mit Möwenschiss

Was Bommi mit Pflaume auf Sylt oder in Hamburg war, das war auf dem Bommi mit Möwenschiss. In Dorf- und Kleinstadtkneipen liebte man es eben deftiger und rustikaler am Tresen.

Mischung: Ein eiskalter Bommi im Kornglas, darüber eine Scheibe Mettwurst mit ein Tapps Meerrettich.

Cola Bums

Da wird man schnell fidel und entdeckt sein Tanzbein. Die Legende sagt, dass erstmalig Cola Bums im Disko-Club Melody um 1971 gemischt wurde. Der Drink wurde direkt am Tresen bei Maxen entwickelt. Schnell erfreute er sich große Beliebtheit. Überregional bekannt wurde Cola Bums durch die NDR 2 Comedy Serie „Frühstück bei Stefanie“ durch Opa Gerke, der Cola Bums zu schätzen wusste.

Die Cola Bums Mischung: Eine Portionsflasche Underberg mit 0,2 l Coca Cola, dazu zwei bis drei Eiswürfel. Als Garnitur eine Zitronenscheibe am Glas.

Eiermeister

Nach unseren Recherchen wurde Anfang der 1970er Jahre der Eiermeister Cocktail kreiert. Das Rezept ist einfach, es braucht nicht einmal einen Cocktail Shaker.

Eiermeister-Mischung: Auf 2c Jägermeister kommen 2 cl Eierlikör und dann weg damit. Könner schenken es in zwei Lagen aus. Zuerst den (schweren) Eierlikör dann wird der Jägermeister vorsichtig und langsam darauf geschenkt.

Harakiri, zum Glück nur im Glas

Wir schreiben die 1970er und die ersten Griechen eröffnen und erweitern den kulinarischen Horizont von Westdeutschland. Schafskäse, Oliven, Lammfleisch, Knoblauch waren ungewöhnlich. Gyros, Hirtensalat und Moussaka schmecken. Beim Griechen war es nie wirklich ordentlich, die Möbel waren oft alt und gern mal wackelig. Hier trafen sich Lehrer, Kindergärtnerinnen, Studenten, Barträger, Hippiemädchen, die alle einen gemeinsamen Nenner hatten, es sollte nicht zu adrett und zu ordentlich. Die Portionen waren groß, die Preise niedrig, die griechische Küche ist deftig und dazu gab es mindestens immer ein Ouzo. War es nun im Restaurant Dosdas, bei Rigas Fereros oder Costa – wer weiß das schon so genau. Aber irgendwann hat man Ouzo mit Tabasco gemischt und sogar als Harakiri getrunken.

Die Harakari-Mischung: 4 cl Ouzo werden mit einem Teelöffel Tabasco (rot) gemischt und dann ganz schnell getrunken.

Für Mädels und alle die es süß mögen: Kikeriki

Zur Abwechslung etwas nicht so hartes, der Kikeriki war und ist bei Frauen ein beliebter Drink, der wohl in den frühen 1960er entstanden ist. Denn, der eine Mixbestandteil, die Limonade Fanta (Slogan: Trink Dich frisch) wurde 1964 von Coca Cola in Deutschland als Marke wieder eingeführt.

Die Kikeriki-Mischung: In ein Glas füllt ihr 1/3 Eierlikör und 2/3 Fanta oder eine andere Orangenlimo. Danach nur noch umrühren.

Der Laubfrosch, lecker im Frühling

Der Laubfrosch ist ein Drink von der sanfteren Sorte. Aus Blau und Orange wird im Glas Grün. Der Drink ist höchstwahrscheinlich in der DDR aufgekommen. Nur, dass des dort keinen echten Blue Curaçao, sondern nur Ersatz-Spirituosen gab. Beliebt war der Laubfrosch insbesondere bei den Mädels.

Die Laubfrosch-Mischung: Auf 4 cl Blue Curaçao kommen 12 cl Orangensaft und Eiswürfel.

Hart und weg damit:
Stahl und Eisen oder der Karger Spezial

Wie der Name schon sagt, das ist nicht für Schneeflocken und Berufsbetroffene. Ein Stahl und Eisen wird im Kornglas serviert und kommt eindeutig und schnell zur Sache.

Der Karger Spezial soll Ende der 1960er in Hamburg Eimsbüttel oder in Rahlstedt (Zur ruhigen Kugel) entstanden sein. Unbestätigten Quellen zufolge hat ein gewisser Bernd oder Horst Robert Karger die Idee geboren. Trivia: Ein Herrn Karger ist auch eine Nebenfigur in der legendären Hamburger TV-Serie „Dittsche – Das wirklich wahre Leben“. Hier ist Herr Karger Nachbar von Olli Dittrich und Friseurmeister mit einem Salon in Großhansdorf.

Die Mischung: Gemixt wird 50 zu 50: Doppelkorn und Underberg. Eine Variante des Stahl und Eisen ist der ‚Karger-Spezial‘ bei dem der Doppelkorn durch Helbing Kümmel ersetzt wird.

Der gerichtlich verbotene Drink: Der Schlüpferstürmer

“Allem kann ich widerstehen, nur der Versuchung nicht.” Der Legende nach soll der Schlüpferstürmer ungeahnte Erfolge bei Frauen ermöglichen, auf sie aphrodisierend wirken und ihr Libido steigern. Ganz schön viel auf einmal.

Da der Drink in Flaschen gerichtlich verboten ist, kann man nur selbst einen Schlüpferstürmer mixen. Allerdings, es kann durchaus sein, dass dann vielleicht die Polizei sich meldet. Deshalb sollten Sie es nicht an die große Glocke hängen oder bekanntmachen. (Wir haben gewarnt!)

Die Mischung: 4 cl Batida de Coco, 2 cl Sekt (möglichst trocken), 2 cl Amaretto, gut 10 cl Orangensaft, 4 cl Bananensaft plus zerhacktes Eis.