Exekution per Guillotine: Michelin-Tester kassieren vier Sterne: Thomas Martin vom Louis C. Jacob und Karlheinz Hauser vom Süllberg gehen komplett leer aus.
von Angelika Fischer
Wie konnte das passieren? Die beiden Hamburger Zwei-Sterne-Köche Thomas Martin vom Louis C. Jacob und Karlheinz Hauser vom Süllberg finden im neuen Guide Michelin Deutschland 2021 keinerlei Erwähnung mehr – was heißt, sie wurden mit einem Schlag von zwei auf null Sterne degradiert! Für Branchenkenner kam eine derartige „Exekution“ völlig unerwartet und war – noch dazu in Lockdown-Zeiten! – kaum nachvollziehbar. Über mögliche Hintergründe wurde denn auch sofort kräftig spekuliert…
Zwei Sonderfälle
Erhellendes kam schließlich vom Management des Hotels Louis C. Jacob: Seit dem ersten Lockdown sei das Jacobs Restaurant nur für Hotelgäste und nicht als Zwei-Sterne-Restaurant geöffnet gewesen, hieß es in einem Statement gegenüber der Hamburger Tagespresse. Und Küchenchef Thomas Martin ergänzte, dass ihn die Entscheidung des Guide Michelin sehr schmerze, wenngleich ihm bewusst sei, dass dies der besonderen Situation geschuldet sei.
Im Klartext heißt das: Erstens hat das Hotel von sich aus entschieden, seine beiden Michelin-Sterne während des Lockdowns „pausieren“ zu lassen, um stattdessen die im Hause logierenden Geschäftsreisenden adäquat verpflegen zu können. Und zweitens haben die Michelin-Tester, so sie das Restaurant unter diesen Bedingungen besucht haben, die Sterne-Pause ja vor Ort auch mitbekommen.
Thomas Martin, der im Jacobs Restaurant seit mehr als zwanzig Jahren auf Sterne-Niveau kocht, seine beiden Sterne unter diesen Umständen kommentarlos zu entziehen, anstatt diese einfach nur ruhen zu lassen, ist schon deutlich mehr als nur ein „unfreundlicher Akt“…
Denn ohne Kenntnis der Hintergründe könnte man die Aberkennung der Sterne auch so deuten: Die Michelin-Tester hätten das Restaurant unter ganz normalen Bedingungen getestet, und der Küchenchef hätte es vergeigt… Einer derartigen Interpretation auch nur ansatzweise Raum zu geben, ist nicht nur bösartig, sondern auch hochgradig geschäftsschädigend.
Kulinarische Sterne in Hamburg
Insgesamt 13 Sterne verteilen sich nun auf neun Restaurants. Spitzenreiter mit drei Sternen ist nach wie vor Kevin Fehling mit seinem im August 2015 eröffneten Restaurant „The Table“ in der Speicherstadt.
Die verbleibenden beiden Hamburger Zwei-Sterne-Köche sind Christoph Rüffer vom Restaurant „Haerlin“ im Fairmont Hotel Vier Jahreszeiten und Matteo Ferrantino mit seinem Restaurant „Bianc“ in der HafenCity.
Ihren Stern erfolgreich bestätigt haben auch Wahabi Nouri im Restaurant „Piment“ in Eppendorf, Heinz O. Wehmann im „Landhaus Scherrer“ an der Elbchaussee, Boris Kasprik im Restaurant „Petit Amour“ in Ottensen, Thomas Imbusch mit seinem Restaurant „100/200“ am Brandshofer Deich in Rothenburgsort, Stefan Beiter im „Se7en Oceans“ in der Europa Passage sowie das Restaurant „Lakeside“ im Hotel „The Fontenay“, das, bedingt durch den Weggang von Küchenchef Cornelius Speinle, seinen Stern zwischenzeitlich abgeben musste und ihn jetzt unter seinem neuen Küchenchef Julian Stowasser wiedergewinnen konnte.
Nahezu unverändert bleibt der Kreis der sechs weiteren Hamburger Sterneköche. Ihre bisherige Auszeichnung erfolgreich bestätigt haben Wahabi Nouri im Restaurant „Piment“ in Eppendorf, Heinz O. Wehmann im „Landhaus Scherrer“ an der Elbchaussee, Boris Kasprik im Restaurant „Petit Amour“ in Ottensen, Thomas Imbusch mit seinem Restaurant „100/200“ am Brandshofer Deich in Rothenburgsort, Stefan Beiter im „Se7en Oceans“ in der Europa Passage sowie das Restaurant „Lakeside“ im Hotel „The Fontenay“, das, bedingt durch den Weggang von Küchenchef Cornelius Speinle, den Stern zwischenzeitlich abgeben musste und ihn jetzt unter seinem neuen Küchenchef Julian Stowasser auf Anhieb wiedergewinnen konnte.
Ein grüner Stern geht nach Uhlenhorst
Eine weitere erfreuliche Nachricht gibt es immerhin auch: Mit dem neu geschaffenen Prädikat „grüner Stern“ für eine besonders nachhaltige und ressourcenschonende Bio-Küche wurde der Hamburger Koch Sebastian Junge vom Restaurant „Wolfs Junge“ im Stadtteil Uhlenhorst ausgezeichnet.
Weitere positive Erwähnung in der Kategorie „Bib Gourmand“ für eine empfehlenswerte Küche leicht unterhalb des Sterne-Niveaus fanden zudem weitere neun Hamburger Restaurants: Stocks in Poppenbüttel, Brechtmanns Bistro in Eppendorf, das japanische Restaurant Zipang in Eimsbüttel, Die gute Botschaft Am Alsterufer, Philipps im Karo-Viertel, Hygge im Landhaus Flottbek, Zur Flottbeker Schmiede, die Gutsküche in Tangstedt und das Nil am Neuen Pferdemarkt.
In diesem besonderen Jahr haben 26 Restaurants in Deutschland ihre Sterne verloren. Bemerkenswert: Nur bei fünf Köchen lag es an der Küchen- und Serviceleistung. Ursächlich waren zumeist konzeptionelle Änderungen oder die Aufgabe des Standortes.
Ist Guide Michelin 2021 wie gewohnt aussagefähig?
Vier Sterne weniger für Hamburg, das ist ein heftiges Urteil der Guide Michelin-Tester. Auch die Spitzengastronomie musste die schwere Corona-Krise mit ihren allgemeinen Einschränkungen sowie den strengen Hygiene-Auflagen für Gäste und die Beschäftigten meistern.
Die Frage ist grundsätzlich: Kann man in solchen Zeiten die Leistungen von Küche und Service annähernd objektiv beurteilen? Wie sollen Köche, deren Betriebe wirtschaftlich mit dem Rücken zur Wand stehen, kreativ kochen und ihre Küchenstile weiterentwickeln? Bei der Einschätzung der Ergebnisse sollte man das berücksichtigen. Aber noch viel wichtiger: Wenn der Lockdown einmal zu Ende ist, dann gehen Sie bitte dort essen, wo es Ihnen schmeckt! Das ist immer noch das wichtigste Kriterium.
Der neue Guide Michelin Deutschland 2021 ist im Handel erhältlich zum Preis von 29,95 Euro.