Von der Kaschemme zur Hamburgensie. Die Gastronomenfamilie Süße feierte Jubiläum der Schlachterbörse im Schanzenviertel „im kleinen Kreis“ mit Freunden und Geschäftspartnern.
Als sie das Restaurant „Schlachterbörse“ vor nunmehr 50 Jahren zum ersten Mal betraten, mussten Wolfgang und Margit Süße schlucken: Schlachter vom nebenan gelegenen Hamburger Schlachthof saßen in ihren Arbeitskitteln an Holztischen, aßen ihre selbst mitgebrachten Stullen, und an der Theke gab es nur Schnaps und/oder Bier…
„Was ist das denn für eine Kaschemme”, dachte sich Wolfgang Süße und wechselte einen ratsuchenden Blick mit Ehefrau Margit…
Das war vor über 50 Jahren, als das Ehepaar Süße im Herbst 1971 zum ersten Mal nach Hamburg kam. Sie hatten das Angebot, nach einer eher durchwachsenen Zeit in St. Peter Ording am Ordinger Hof in Hamburg die traditionsreiche, im Jahre 1904 gegründete Schlachterbörse zu übernehmen. Was dabei nicht vergessen werden darf, das Schanzenviertel Anfang der 1970er Jahre war einfach ein vernachlässigtes definitiv nicht trendiges Stadtviertel ohne interessante Restaurants, Bars oder Clubs. In so ein Umfeld zu gehen hat viel Mut erfordert.
„Wir sahen es als Herausforderung, weil wir beide die Restaurants um den Pariser Schlachthof kannten. Und wir sagten uns: Das können wir auch!“
erinnert sich Wolfgang Süße.
Heute, gut 50 Jahre später, können beide darüber schmunzeln, denn schließlich zählt das Restaurant seit Jahren zu den angesagtesten Lokalen in Hamburg. Hier frönt man der Fleischlust, woke Veganer*Innen sind hier eher exotische Gäste. Was in der Regel aber einem Tischgespräch eher gut tut. Mit Fug und Recht hat sich die Schlachterbörse den Rang einer Restaurant-Hamburgensie erarbeitet.
Gelernt hat Wolfgang Süße sein Handwerk in Baden-Baden. Im noblen Brenner’s Park Hotel begann er mit 14 Jahren eine Ausbildung zum Koch, ging dann nach Würzburg, Güstrow, in die Schweiz und nach Düsseldorf.
Vier Jahre war er in Markheidenfeld im Spessart und führte das Weinhaus Anker. Dort lernte er seine Margit kennen: „Ich sah sie und wollte sie, rannte ihr hinterher und fragte sie, ob ich ihren Mantel tragen darf“, erzählt er. Seitdem sind sie zusammen, haben zwei Töchter, Yvonne und Jasmin, letztere eigentlich studierte Kunsthistorikern.
Doch die ererbten Gastro-Gene haben sich durchgesetzt. Durch die Unterstützung ihrer Tochter können die Süßes nun auch mal zwischendurch ein Wochenende freimachen. Dann spielen sie Golf in Groß-Flottbek oder fahren nach Keitum auf Sylt, treffen sich mit Freunden zur Küchenparty. „Wir Männer kochen, die Frauen haben Küchenverbot. Dann zeigen wir denen nämlich mal, wie man ein richtiges Steak brät.”
Die Kraft der Grenzen
Nach seinem Erfolgsrezept gefragt, antwortet Wolfgang Süße in Sätzen, die eigentlich alles sagen:
„Die Werbung liegt bei uns auf dem Teller – gutes Fleisch, große Portionen.“ Nach kurzem Nachdenken ergänzt er: „Du musst die eine Sache, die du gut kannst, auch wirklich gut machen. Und wenn du die dann auch noch wirklich gerne machst, dann merken das die Leute und kommen gerne zu dir. Dann passt einfach alles zusammen: Der Gast ist glücklich, und du bist glücklich, und der Kreis schließt sich. Und wichtig ist auch, dass du keinen Blödsinn machst, keinen Größenwahn und keine Expansionsphantasien entwickelst und dir immer klar ist: Du bist erfolgreich, weil es nur eine einzige Schlachterbörse gibt – das Original, ein absolutes Unikat. Wenn du versuchst, das zu multiplizieren, ist es aus – es wäre der Anfang vom Ende.“
Das ist, um einen bekannten Berliner Bürgermeister zu zitieren, ‘auch gut so…’ Denn an Ketten-, Franchise- und Convenience-Gastronomie gibt es wahrlich keinen Mangel. Doch mit viel Herzblut und Einsatz inhabergeführte Restaurants sind mehr als das Salz in der Suppe. Ihre Gastlichkeit ist häufig unübertroffen. Deshalb – well done: Auf die nächsten 50!
Die Schlachterbörse, Kampstraße 42, 20357 Hamburg Schanzenviertel
von Angelika Fischer