Trinkst Du schon einen, zwei oder drei? Runde Sache: 60 Jahre Zum Seeteufel

Evelyn „Evi“ SubbertEvelyn „Evi“ Subbert das Herz des Zum Seeteufel © ganz-hamburg.de

Wo noch echtes Seemannsgarn gesponnen wird… Die urigen Pinte Zum Seeteufel ist seit 60 Jahren „erstes Haus“ an der Elbchaussee. Hier in der Hamburger Kneipenlegende steht Wirtin Evi seit 30 Jahren hinterm Tresen

von Angelika Fischer
Ja, es gibt sie noch, die echten Kneipen. Sie sind das Gegenteil von stylischen Hipsterbars, die gefühlt an jeder achten Straßenecke mit industrial-schabby-chic Innendesign auf Gäste warten. Das Problem, irgendwie hat man immer das Gefühl in so einem Laden schon einmal in Frankfurt, Rotterdam oder Brüssel gewesen zu sein. So krampfhaft sind sie auf authentisch getrimmt worden – von Menschen, die noch nie eine echte Fabrik von innen gesehen haben.

Impressionen aus dem Zum Seeteufel
Zum Seeteufel – hoch über der Bar © ganz-hamburg.de

Zum Seeteufel – eine echte Hamburger Kneipenlegende

Nun, ein Déjà-vu wird man als Gast nicht haben, wenn man den Seeteufel betritt. Hier ist ein Zeitsprung zurück in die Zeit, in der Kneipen noch Kneipen waren und zum Bier auch immer eine Zigarette gehörte. Den Namen „Zum Seeteufel“ verdankt die urige Kneipe im ersten Haus rechts an der Elbchaussee dem legendären „Seeteufel“ Felix Graf Luckner. Ein Schriftsteller, Abenteurer und im Ersten Weltkrieg Kommandant eines sehr erfolgreichen Hilfskreuzers, von dem die englische Admiralität nicht besonders amused war, denn er hat ein paar Schiffe zu viel versenkt.

Die Bank vor dem Zum Seeteufel
Das ist keine Bank – das ist ein Kunstwerk! Denn eine Bank erlaubt das Bezirksamt nicht. Ein Kunstwerk schon

Vor 60 Jahren war Graf Luckner persönlich anwesend, als nur wenige Schritte von der damaligen Seefahrtschule entfernt, im Sommer 1958 die Seemannskneipe ihre Pforten öffnete. Damals, vor der Containerschifffahrt, lagen die Stückgutfrachter noch lange im Hafen und die Seeleute hatten Zeit für einen Landgang. Für die Seefahrtsschüler war es ihre Stammkneipe.

Impressionen aus dem Zum Seeteufel
Impressionen aus der Kneipe Zum Seeteufelund – Evi noch jugendlich  © ganz-hamburg.de

Nur, romantisch waren Seemannskneipen ausschließlich im deutschen Schlager. Hier wurde hart getrunken und ein besonders herzlich-rauer Umgangston untereinander gepflegt. Falls Damen anwesend waren, war ihre Gunst mit pekuniären Mitteln leicht zu gewinnen und in Nebenzimmern kam zu es Begegnungen der dritten erotischen Art. Ordentliche Hamburger*Innen haben einen großen Bogen um diese Etablissements gemacht.

Impressionen aus dem Zum Seeteufel
Das ist live und nicht vom Interior-Designer © ganz-hamburg.de

Die Zeiten kommen und gehen

Allerdings, vom heutigen Erscheinungsbild war der Seeteufel damals noch weit entfernt. Der ehemalige, knapp handtuchgroße Verkaufsladen (geräumige 27 qm) eines um die Ecke ansässigen Bäckers wurde nur wenig umgestaltet. Das Geld war knapp. Auf den Einbau einer Heizung wurde aus Kostengründen verzichtet. Das blieb auch unter Pächtern wie dem legendären „Monokelpeter“ (Willy Möller) die nächsten Jahrzehnte so. Egal, Astra Urtyp (damals noch keine Hipster-Bier) zischte aus dem Hahn, der Korn war eiskalt, die Zigaretten qualmten und aus der Musikbox dröhnten Schlager.

Impressionen aus dem Zum Seeteufel
Evi vom Seeteufel gibts auch aufm Bierdeckel © ganz-hamburg.de

Evi kommt mit Podest

Zur Kultkneipe avancierte das Etablissement vor genau 30 Jahren, als die heutige, von der Insel Rügen stammende Wirtin Evelyn „Evi“ Subbert den Seeteufel übernahm. Ihre erste Umbaumaßnahme war ein Podest hinter dem Tresen, um  –  klein, aber oho! –  mit den Gästen auf Augenhöhe kommunizieren zu können.

Der Schellfischposten ist eine aufgeräumte Design-Bar gegen den Seeteufel. Wirtin Evi hat richtig Farbe in die Bude gebracht. Und das nicht zu knapp. Ein Sammelsurium von maritimen Raritäten aus der Abteilung Kunst, Kitsch und Trödel schmückt die Kneipe.

Nichts da mit dem vornehm-eleganten Lifestyle, der an Elbchaussee, in Blankenese und Othmarschen zu Hause ist. Ein Wunder, dass sich gegen das Innen-Design noch keine Bürgerinitiative, Motto: „unsere Elbchaussee soll schöner werden“, gebildet hat. Aber ganz ehrlich, Chai-Latte-Cafés gibt es nun wirklich genug in Hamburg. Immerhin ist Seeteufel 2015 von der BILD Hamburg zur besten Kneipe gewählt worden. 

Impressionen aus dem Zum Seeteufel
Schockierende Abbildungen im Seeteufel © ganz-hamburg.de

Unser Redaktionsbote Rüdiger Stein-Bendes kennt die urige Pinte schon seit einigen Jahren. Er warnt jedoch eindringlich:

„Achtung, diese Kneipe ist für Veganer, Hipster, Nichtraucher, Spaßbremsen, Liegeradfahrer, Schwiegermütter und Minderjährige definitiv nicht geeignet. Gäste könnten hier durch unangemessene Sprache und Inhalte moralisch und mit Nebenwirkungen schockiert werden. 
Auch harmlose Seh-Leute werden im Seeteufel aus dem Schauen und Staunen kaum heraus kommen. Und wenn Ehemalige von der Seefahrtschule sich hier treffen, dann wird am Tresen auch noch echtes Seemannsgarn gesponnen… Höhepunkte im Programm sind die Hans Albers-Abende mit seinem derzeit besten Double: Peter Maria Anselstetter aus dem Ruhrpott sieht dem „blonden Hans“ zwar nicht allzu ähnlich, aber sobald er das Mikro in die Hand nimmt und loslegt, klingt er fast noch echter als das Original!“

Zur „Doppel-Geburtstagsfeier“ am 1. September war Peter Maria Anselstetter leider nicht vor Ort, aber das tat der Stimmung kaum Abbruch… Im November ist ein Auftritt von ihm geplant. Wirtin Evi hatte am Zapfhahn alle Hände voll zu tun und fand kaum Zeit, um mal in Ruhe an ihrer obligatorischen Zigarette zu ziehen. Und das will schon etwas heißen, gehört ihr Glimmstengel in der Hard-Core-Raucherkneipe Seeteufel  doch quasi zum Inventar. Nichtraucher werden gnadenlos nach draußen vor die Tür auf das oben abgebildete Kunstwerk verbannt. Die Uhren gehen eben ein wenig „andersrum“ im Seeteufel, und das darf auch gern so bleiben!