Gute Fachkräfte sind knapp. Wie Unternehmen mit attraktiven Arbeitsbedingungen und Investition in Aus- und Weiterbildung Fachkräfte finden und binden.
Hamburg. In Deutschland geht ein Virus um. Davon befallen sind offenbar immer mehr Unternehmen: Das Fachkräftemangel-Virus. Dabei stehen laut Statistik der Bundesagentur für Arbeit bundesweit Millionen von Arbeitssuchenden verzweifelt suchenden Arbeitgebern gegenüber – und finden doch nicht zusammen.
Worauf Auszubildende und Fachkräfte bei der Stellenauswahl achten, ist vielfach untersucht: Wichtig sind ihnen eine faire Bezahlung, Sicherheit des Arbeitsplatzes, Sinn und Freude an der Arbeit, Sichtbarkeit und Wertschätzung. Was machen attraktive Arbeitgeber besser? Wie gelingt es Ihnen bei Bewerbern und Fachkräften zu punkten? Um die passenden Miterbeiter zu finden und positiv auf sich aufmerksam zu machen, glänzen sie mit einer Reihe von Vorzügen.

Zehn Wege um Fachkräfte zu gewinnen
- Flexible Arbeitszeiten und -orte:
Ein modernes Arbeitszeitmodell macht ein Unternehmen für Fachkräfte attraktiv. Es muss ja nicht gleich ein Platz am Strand sein, aber flexible Arbeitsorte und Arbeitszeiten sind wichtige Punkte bei der Wahl des Arbeitgebers. Die vergangenen Jahre haben gezeigt, das Arbeiten im Homeoffice für eine bessere Work-Life-Balance sorgen, Stress verringern und Kosten reduzieren kann – auch durch die gesparte Fahrzeit.
- Fortbildungen:
Weiterbildungsangebote, bezahlte Fortbildungen und Bildungsurlaub spielen bei der Wahl des Arbeitgebers eine wichtige Rolle, denn potenzielle Arbeitnehmer achten darauf, ob Unternehmen ihre eigenen Mitarbeiter schulen. Wer seine Mitarbeiter auf diese Weise wertschätzt, stärkt seine Wettbewerbsfähigkeit, sein Image als Arbeitgeber und kann mit Engagement und Loyalität rechnen.
- Mitarbeiterbeteiligung:
Bereits zur Bundestagswahl 2009 warb der damalige FDP-Spitzenkandidat Guido Westerwelle auf Plakaten visionär mit dem Slogan: „Arbeit muss sich wieder lohnen“. Erfolgsbeteiligung und betriebliche Altersvorsorge motivieren, binden Fachkräfte ans Unternehmen und wirken als Werbebotschaft nach außen. Boni und Aktien sind bei attraktiven Arbeitgebern eine bewährte Form der Mitarbeitergewinnung,
- Betriebskindergarten:
Eltern von Kindergartenkindern brauchen Flexibilität. Bisher bieten aber vergleichsweise wenige Unternehmen Betriebskindergärten an. Dabei sind die Vorteile für Arbeitgeber und Eltern groß, denn Arbeitsplatz und Familie lassen sich so besser miteinander vereinbaren: Eltern wissen ihr Kind zu jeder Zeit in der Nähe. Sie müssen keine langen Wege zum Kindergarten auf sich nehmen oder befürchten, wegen des Feierabendverkehrs die Abholzeit zu verpassen.
- Gesundheitsmanagement:
Attraktive Arbeitgeber unterstützen Gesundheit und Fitness ihrer Mitarbeiter, etwa mit Sportangeboten wie Yoga, Pilates oder Mannschaftssportarten. Einige bieten auch Ernährungsberatung und Antistressmanagementseminare an. Größere Unternehmen punkten bei Bewerbern mit einer eigenen Betriebsarztpraxis. Für kleinere Unternehmen kann eine Kooperation mit anderen Firmen, etwa einem örtlichen Fitness-Studio sinnvoll sein.
- Mobilität:
Für den Traumjob nehmen viele Arbeitnehmer lange Pendelstrecken auf sich. Mobilitätsfördernde Angebote sind deshalb besonders attraktiv. Ein Dienstwagen kann auch bei berufserfahrenen Fachkräften den Ausschlag für eine Bewerbung geben. Viele Unternehmen bezuschussen Fahrkarten für den öffentlichen Nahverkehr oder übernehmen komplett die Kosten. Arbeitgeber können auch mit Betriebsfahrrädern auf sich aufmerksam machen und positiv auffallen.
- Betriebswohnungen und -WGs:
Betriebswohnungen liegen im Trend, denn bezahlbarer Wohnraum ist an vielen Orten immer schwieriger zu finden. Stetig steigende Mieten zerren einen immer größer werdenden Teil des Ausbildungsgehalts oder Lohns auf. Innovative Unternehmen haben das Problem erkannt und können ihren Beschäftigten eine preiswerte Betriebswohnung oder einen Platz in den Unternehmens-Wohngemeinschaften anbieten.
- Gesellschaftliche Verantwortung:
Unternehmen sind Teil der Gesellschaft. Auch mit Blick auf die Gewinnung von Fachkräften haben viele Unternehmen erkannt, dass es in ihrem Eigeninteresse liegt, gesellschaftliche Verantwortung in ihre Unternehmensstrategie zu integrieren: Gefördert werden zum Beispiel Sozial-, Kultur-, Umwelt- oder Sportprojekte – oft am Unternehmensstandort.
- Selber ausbilden:
Erfolgreiche Unternehmen investieren viel Geld und Zeit in die Ausbildung. Sie handeln damit vorbildlich und verantwortungsvoll, denn aktuell bildet bundesweit nur etwa jedes fünfte Unternehmen selbst aus. Zu viele Firmen klagen über Fachkräftemangel, bilden aber selbst nicht aus, sondern profitieren von denen, die es tun. Auf die Frage, was er der Wirtschaft rate, antwortete Bundeskanzler Helmut Schmidt einst: „Dann sollen sie gefälligst ausbilden!“
- Firmenkantine:
Einen großen Teil der allgemeinen Lebenshaltungskosten machen Ausgaben für Essen aus. Deshalb sind Unternehmen mit einer günstigen Kantine für Auszubildende und Fachkräfte sehr attraktiv. Umfragen zeigen, dass Kantinen zur Produktivität, Mitarbeiterbindung, Motivation und Mitarbeiterzufriedenheit beitragen. Unternehmen, die keine eigene Kantine haben, können mit Zuschüssen zum Essen oder Gutscheinen punkten.

Das Fazit
Bei der Fachkräftegewinnung glänzen erfolgreiche Unternehmen mit einer Charmeoffensive. Sie suchen aktiver und gezielter nach neuen Mitarbeitern. Ihr Auswahlprozess ist anders: einfacher, auffälliger und überraschender. So sprechen zum Beispiel einige Unternehmen gezielt Studienabbrecher oder ältere Kandidaten an, veranstalten Job-Partys oder locken potenzielle Kandidaten mit Tickets für ausverkaufte Musikveranstaltungen. Der Fachkräftebedarf ist aktuell hoch. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können sich zunehmend aussuchen, wie und wo sie arbeiten wollen. In diesem Wettbewerb wollten Arbeitgeber ein Interesse daran haben, attraktive Arbeitsbedingungen zu bieten.
Von Protestonaut