Shoppen trotz Inflation: Neue Impulse für den Einzelhandel

EinkaufstaschenSymbolbild: Shopping und Einkaufen © Norbert Schmidt

Die Inflation drückt auf die Konsumstimmung in Deutschland. Denn nach den Preisanstiegen der letzten Monate halten sich viele Verbraucher mit eigenen Ausgaben zurück. Was kann der Einzelhandel gegen die schwächelnde Nachfrage tun?

Gedämpftes Konsumklima: 6 von 10 Verbrauchern haben Angst wegen Preissteigerungen

Dass die Inflation an den Konsumenten hierzulande nicht spurlos vorübergeht, zeigen die alarmierenden Zahlen aus dem aktuellen Konsummonitor des Handelsverbands Deutschlands (HDE). Danach bereiten die Preissteigerungen in Folge des Ukraine-Krieges und der gestrafften Geldpolitik 60% der Verbraucher Angst. Selbst in den wohlhabenderen Einkommensklassen fürchtet sich jeder Zweite vor weiteren Preisschüben.

Der Rückgriff auf Sonderangebote und Handelsmarken sowie weniger Wareneinkäufe zählen zu den häufigsten Strategien, die der HDE mittlerweile bei über der Hälfte der Käufer im Lebensmittelbereich beobachtet. Bei Non-Food-Produkten reagieren laut dem Konsummonitor 45 Prozent der Verbraucher mit vollständigem Konsumverzicht bzw. Anschaffungen werden aufgeschoben. Besonders betroffen ist der Fashionbereich, der weiterhin dem Vor-Corona-Niveau hinterherhinkt.

Auch nach dem jüngsten GfK-Konsumklinaindex verharrt die Neigung der privaten Haushalte zu Neuanschaffungen auf niedrigem Niveau. Wie versucht der Einzelhandel diesen Entwicklungen entgegenzuwirken?

Die Hamburger Mönckebergstraße
Die Mönckebergstraße einer der Haupteinkaufsstraßen der Hansestadt © Norbert Schmidt

Integration von On- und Offline-Handel: Das Ende des Channel-Denkens

Auch wenn sich der jähe Siegeszug des Onlinehandelns während der Corona-Pandemie zumindest aktuell nicht fortsetzt: Das Online-Shopping ist im Einzelhandel fest etabliert. So machte der E-Commerce im Jahr 2022 über 13% des gesamten Einzelhandelsumsatzes in Deutschland aus. Für viele Verbraucher ist das Einkaufserlebnis im Netz längst zum „New Normal“ avanciert. Handelsexperte Stefan H. Hoffmann vom Retail-Beratungshaus SHOROOMS rät deshalb auch vom Denken nach festgefahrenen Channel-Kategorien ab, die allein nicht mehr die komplexe Realität im diversifizierten Handel widerspiegeln.

„Ob mit oder ohne Onlineshop, ob rein stationär oder rein online hängt von wahnsinnig vielen Faktoren ab“, so Hoffmann, der deshalb auf eine individuelle Beratung im Einzelfall setzt.

Die Grenzen zwischen On- und Offlinewelt verschwimmen. Denn laut Branchenbeobachtern geht die Tendenz hin zu einer zunehmenden Integration von digitalem und physischem Einkaufserlebnis. Verbrauchern sollen in Zukunft auf beiden Wegen Zugriff auf die gesamte Produktpalette erhalten, wobei man sich gerade von der Verknüpfung Mehrwert verspricht. Der Laden vor Ort kann mit Events und Wow-Momenten das Shopping-Erlebnis in der Innenstadt beleben, während Teile des operativen Geschäfts bereits automatisiert und digital ablaufen. Click und Collect Angebote verbessern die schnelle Verfügbarkeit von Produkten und entlasten zugleich Ladenkapazitäten. Kundenrezension von Online-Käufern sollen über Displays und QR-Codes auch im Ladenlokal für Transparenz bei der Kaufentscheidung sorgen.

KI und das Revival der Eigenmarke – Personalisierung trifft auf hohe Produktqualität

Nach wie vor stark ist auch der Trend zur Personalisierung von Produkt und Einkaufserlebnis. Vor allem, weil sich KI-gestützte Technologien immer besser dafür einsetzen lassen, Kundendaten zu analysieren. Persönlich zugeschnittene Empfehlungen erleichtern den Kaufprozess. Marketingkampagnen gewinnen an Zielgenauigkeit. Events und Design im Ladengeschäft können je nach Kundenkreis maßgeschneidert werden. Damit erlebt auch die speziell nach den Ansprüchen der Zielgruppe entworfene exklusive Eigenmarke ein Revival. „Wir sehen einen absoluten Trend zu hochwertigen, langlebigen und hochpreisigen Produkten. Fast Fashion und Rabatte über Rabatte lassen nach“, beobachtet auch Hoffmann, der seit mehr als 14 Jahren die Entwicklungen vor allem im Handel mit Sport- und Fashionartikeln begleitet. Der Geschäftsführer und Dozent mehrerer Business-Schools fordert angesichts der neuen technischen Möglichkeiten Offenheit von den Einzelhändlern, um vom Wandel zu profitieren: „Wir müssen uns täglich neu erfinden und viel wichtiger – hinterfragen.“

Handel und Industrie: Innovationsoffensive im Verbund?

Obgleich viele Einzelhändlern angesichts der aktuellen Konjunkturlage wenig optimistisch in die Zukunft blicken dürften, stehen der Branche viele Entwicklungschancen offen. Technologische Innovationen wie die Künstliche Intelligenz und die Kombination von On- mit dem Offlinegeschäft versprechen neues Aufwärtspotential. Entscheidend dürfte sein, wie viel Gestaltungs- und Innovationskraft die Branche in Zukunft zeigt. „Die derzeitigen Herausforderungen können von Handel und Industrie nur gemeinsam gemeistert werden“, ist sich Hoffmann sicher. Sein Appell: „Lasst uns gemeinsam positiv nach vorne schauen.“